Wo sich Krebszellen vor dem Immunsystem verstecken

Ein Durchbruch in der Krebsforschung ist Wissenschaftlern vom Lehrstuhl für Genetik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem Universitätsklinikum Erlangen gelungen:

Sie haben es erstmalig geschafft die Komplexität des humanen Immunsystems nachzustellen und damit zu erforschen, wo sich Zellen vor einem Angriff durch das Immunsystem verstecken können. Dies hat eine besonders hohe Relevanz für die Zerstörung von Krebszellen durch gegen Tumoren gerichtete Antikörper und zeigt Wege zur Verbesserung heutiger Krebstherapien auf. Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht.*

Antikörper, die passgenau für den Kampf gegen Krebszellen hergestellt werden können, sind aus der Therapie von Brustkrebs und Lymphomen nicht mehr wegzudenken. Sie sind in der Lage, Krebszellen im Körper aufzuspüren und sie damit für das eigene Immunsystem kenntlich zu machen. Nur so kann dieses die entarteten Zellen zerstören.

Allerdings kommt es trotz dieses wirkungsvollen Angriffs durch das Immunsystem häufig dazu, dass einige Krebszellen überleben. Das kann im schlimmsten Fall zu einer erneuten Tumorbildung führen. „Eine grundlegende Fragestellung in Krebstherapie ist, wo sich Tumorzellen vor dem Angriff durch das Immunsystem verstecken können“, erklärt Prof. Dr. Falk Nimmerjahn vom Lehrstuhl für Genetik der FAU „Wissen wir das, können wir aktuelle Therapeutika verbessern, um diese entarteten Zellen dort gezielt zu zerstören.“

Unabhängig voneinander ist es nun zwei Forschergruppen vom Massachusetts Institute of Technology (MIT, Cambridge) (Pallasch et al. Cell) und der FAU Erlangen-Nürnberg (Lux et al., Cell Reports) gelungen, einen wichtigen Durchbruch auf diesem Gebiet zu erzielen. So konnten beide Forscherteams zeigen, dass in der humanen Krebstherapie verwendete Antikörper Tumorzellen nur sehr ineffizient angreifen können, wenn sich diese im Knochenmark befinden.

„Dies gibt uns erstmals einen wichtigen Ansatzpunkt, um zu erforschen, wie wir unsere derzeit in der Krebstherapie verwendeten Antikörper so verbessern können, dass auch diese letzten Tumorzellen eliminiert werden und wir tatsächlich eine Chance auf Heilung der Patienten haben“, kommentiert Dr. Anja Lux, Leiterin des Forscherteams am Lehrstuhl für Genetik, diese Ergebnisse.

Die hohe Relevanz dieser Befunde wir dadurch untermauert, dass es beiden Forschergruppen gelang, die Komplexität des humanen Immunsystems in ihren Experimenten abzubilden und damit eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen zu gewährleisten.

Erste weiterführende Untersuchungen der Forscher am MIT in Cambridge lassen vermuten, dass eine Kombination von Chemotherapie mit der Antikörpertherapie zu einer verbesserten Zerstörung der Krebszellen im Knochenmark führen könnte. Dies ist ein interessanter erster Befund, wobei das Ziel der Erlanger Forscher noch einen Schritt weitergeht.

„Da wir jetzt das Versteck der Tumorzellen kennen, wollen wir die therapeutischen Antikörper so verbessern, dass wir das lokale Immunsystem im Knochenmark noch effizienter aktivieren können“, erklärt Prof. Nimmerjahn. Hiermit könnten die teils starken Nebenwirkungen einer Chemotherapie weiter vermindert, Patienten schonender behandelt und hoffentlich geheilt werden.

Referenzen:
*Lux et al., Cell Reports 7, 1-13, 2014; doi: 10.1016/
Pallasch et al., Cell 156, 590-602, 2014

Ansprechpartner für die Medien:
Prof. Dr. Falk Nimmerjahn
falk.nimmerjahn@fau.de

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Blandina Mangelkramer idw - Informationsdienst Wissenschaft

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