ELISE testet neuartige Heizung für ITER

Die Vorbereitungen im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching bei München für die Heizung, die das Plasma des internationalen Fusionstestreaktors ITER auf viele Millionen Grad aufheizen soll, gehen in eine neue Runde.

Der Vertrag für einen Vier-Millionen-Euro-Forschungsauftrag zwischen dem IPP und der europäischen ITER-Agentur „Fusion for Energy“ wurde jetzt unterzeichnet: Nach der erfolgreichen Entwicklung kleinerer Prototypen wird die neuartige Hochfrequenz-Ionenquelle des IPP nun auf halbe ITER-Größe gebracht. In dem neuen Teststand ELISE wird sie den hohen ITER-Anforderungen angepasst.

Etwa türgroß soll der Querschnitt der beiden Teilchenstrahlen jeweils sein, die das 800 Kubikmeter große ITER-Plasma auf viele Millionen Grad Celsius aufheizen sollen. 16,5 Megawatt Heizleistung wird jeder Strahl in das Plasma hineinpumpen. „Ein Riesenschritt“ führt von den heutigen Anlagen mit etwa tellergroßen Strahlquerschnitt in diese Größenordnung, sagt Dr. Peter Franzen, der im IPP an der Entwicklung der ITER-Heizung arbeitet: Ein künftiges Fusionskraftwerk soll, ähnlich wie die Sonne, aus der Verschmelzung von Atomkernen Energie gewinnen.

Der Brennstoff – ein Wasserstoffplasma – muss dazu berührungsfrei in einem Magnetfeldkäfig eingeschlossen und auf Zündtemperaturen über 100 Millionen Grad aufgeheizt werden. Die Testanlage ITER (lat.: der Weg), die in internationaler Zusammenarbeit derzeit in Cadarache in Südfrankreich entsteht, soll zeigen, dass ein Energie lieferndes Fusionsfeuer möglich ist. 500 Megawatt Fusionsleistung soll ITER erzeugen – zehnmal mehr, als zuvor zur Plasmaheizung aufgewendet wird.

Diese Plasmaheizung wird etwa zur Hälfte die so genannte „Neutralteilchen-Heizung“ übernehmen: Schnelle Wasserstoffatome, die in das Plasma hineingeschossen werden, geben beim Zusammenstoßen ihre Energie an die Plasmateilchen ab. Heutige Anlagen erreichen so auf Knopfdruck ein Mehrfaches der Sonnentemperatur. Die Großanlage ITER stellt jedoch neue Anforderungen an das bewährte Verfahren: Zum Beispiel müssen die Teilchen noch drei- bis viermal schneller sein als bisher, damit sie tief genug in das voluminöse Plasma eindringen können. Eine im IPP entwickelte Teilchenquelle wurde 2007 in den ITER-Entwurf übernommen. Nach der erfolgreichen Prototyp-Entwicklung vergab die europäische ITER-Agentur „Fusion for Energy“ jetzt auch den Auftrag zur Anpassung an die ITER-Anforderungen an das IPP.

Dazu wird in Garching nun ein neuer Teststand aufgebaut, mit dem anstelle der bisherigen kleineren Prototypen eine Quelle in halber ITER-Größe untersucht wird. Mit der wachsenden Größe müssen auch die bisherigen technischen Lösungen für die Elemente der Ionenquelle überarbeitet werden. Nach zweijähriger Bauzeit soll mit ELISE (Extraction from a Large Ion Source Experiment) dann zwei Jahre lang geprüft werden, ob die neu konstruierte große Ionenquelle einen Teilchenstrahl erzeugen kann, der den ITER-Anforderungen nahekommt. Das System in Originalgröße wird anschließend das italienische Fusionsinstitut der ENEA in Padua untersuchen. ELISE und ihr italienischer Nachfolger sind fest in den ITER-Zeitplan eingebaut: Ab dem ersten Tag des wissenschaftlichen Betriebs muss die Neutralteilchen-Heizung funktionieren.

Media Contact

Isabella Milch idw

Weitere Informationen:

http://www.ipp.mpg.de

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