Atypische Arbeitsplätze: Oft Niedriglohn und schlechtere Beschäftigungsperspektiven

Arbeitnehmer in atypischen Beschäftigungsverhältnissen verdienen oft weniger als Beschäftigte mit klassischer fester Vollzeitstelle, sie werden seltener weitergebildet und tragen oft ein höheres Risiko, arbeitslos zu werden. Das gilt insbesondere für befristet Beschäftigte und Leiharbeitnehmer, zeigt eine empirische Analyse aus dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

Gut ein Drittel aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland ist atypisch beschäftigt – in Teilzeit, Minijobs, auf befristeten Stellen oder als Leiharbeitnehmer. Nicht jeder dieser Jobs ist schlecht bezahlt oder unsicher, trotzdem sind prekäre Arbeitsbedingungen relativ weit verbreitet. In welchem Ausmaß, haben die WSI-Forscher Dr. Hartmut Seifert und Wolfram Brehmer ermittelt. Die Wissenschaftler werteten Daten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) für den Zeitraum von 1989 bis 2005 aus. Dabei verglichen sie atypisch Beschäftigte und Arbeitnehmer in Normalarbeitsverhältnissen im Hinblick auf drei zentrale Aspekte: Einkommen, Weiterbildungsbeteiligung und Stabilität der Beschäftigung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Unterschiede in den Arbeitsbedingungen nicht auf betriebliche oder persönliche Merkmale, etwa Qualifikation oder Alter, zurückzuführen sind, sondern auf die Beschäftigungsform.

Für alle Atypischen gilt: In ihre berufliche Zukunft wird wenig investiert: Die Teilnahme an Weiterbildungskursen ist über alle atypischen Beschäftigungsformen hinweg deutlich niedriger als bei Normalarbeitnehmern.

Atypisch Beschäftigte verdienen auch viel häufiger nur einen so genannten Prekaritätslohn – das sind weniger als zwei Drittel des Medianlohns pro Stunde. Im Jahr 2005 lagen 31 Prozent der atypisch Beschäftigten unter dieser Prekaritäts-Schwelle von 9,95 Euro im Westen und 7,49 Euro im Osten. In der Vergleichsgruppe waren es lediglich 9,4 Prozent. Die vertiefte statistische Analyse der WSI-Forscher offenbart dabei deutliche Unterschiede zwischen den atypischen Beschäftigungsformen: Am häufigsten erhalten Minijobber Niedrigverdienste – elf bis 18 mal so häufig wie Beschäftigte im Normalarbeitsverhältnis. Mit einigem Abstand folgen Leiharbeiter, bei denen die Wahrscheinlichkeit, für einen Prekaritätslohn arbeiten zu müssen, gut siebenmal höher ist.

Wenig Beschäftigungsstabilität besteht für befristet Beschäftigte und Leiharbeitnehmer. Für sie ist das Risiko, arbeitslos zu werden, etwa vier Mal so hoch, wie für Beschäftigte in Normalarbeitsverhältnissen: „Bei diesen beiden Beschäftigtengruppen kumulieren die Prekaritätsrisiken in besonderem Maße“, resümieren die Wissenschaftler.

Auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bewerten sie die Ausweitung atypischer Beschäftigung kritisch. Denn wer längere Zeit wenig verdient, kommt oft ohne aufstockende Transfers nicht mehr aus – spätestens im Alter. Und die schwache Weiterbildungsbeteiligung der Atypischen verschärft die ohnehin vorhandene Qualifizierungsschwäche in der deutschen Wirtschaft.

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