Kleinkinder leben in der Gegenwart

Dreijährige können kaum für die Zukunft planen und rufen Vergangenes erst dann im Gedächtnis ab, wenn das nötig wird. Zu diesem Schluss kommt ein Experiment von Psychologen der University of Colorado, das im Journal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurde.

Die Forscher glauben darin eine Erklärung dafür entdeckt zu haben, dass Kinder bis zu einem bestimmten Alter kaum auf wiederholte Aufforderungen reagieren. „Gehörtes geht bei Kindern nicht bei einem Ohr hinein und beim anderen heraus, wie oft angenommen wird“, sagt Studienleiterin Yuko Munakata. Anstatt jedoch wie Erwachsene Informationen gleich umzusetzen, speichern Kinder diese für später.

Aufschluss darüber brachte ein Experiment, bei dem drei- und achtjährige Kinder vor ein Computerspiel gesetzt wurden. Eine Animation machte sie mit zwei Zeichentrickfiguren und deren Vorlieben für bestimmte Objekte bekannt. Jedesmal wenn auf die Darstellung einer Figur eines der Objekte folgte, war ein bestimmter Knopf zu betätigen.

Die Forscher beobachteten durch Pupillenreaktion die Bedenkzeit und verglichen sie mit der Schnelligkeit der Antworten sowie mit ihrer Richtigkeit. Für die Älteren war die Aufgabe ein Kinderspiel, da sie die Folgeobjekte bereits vor ihrem Aufscheinen vorausdachten. Den Dreijährigen gelang dies jedoch nicht, denn sie benötigten stets einen enormen Denkaufwand, als ob sie sich beim Anblick des Objekts nochmals an die zuvor gezeigte Figur zurückerinnern müssten.

Kinder entwickeln erst im Laufe der ersten Lebensjahre den Umgang mit Zukunft und Vergangenheit. „Kinder leben viel mehr in der Gegenwart als Erwachsene“, betont der Psychologe Gerald Kral im pressetext-Interview. Erst die Berücksichtigung weiterer Faktoren werde jedoch der kindlichen Psyche gerecht. Denn auch das logische oder sachorientierte Denken sei bei Dreijährigen noch kaum ausgeprägt.

„Kinder in diesem Alter befinden sich in der Phase des magisch-animistischen Denkens, in der sie Objekte ihrer Umgebung als belebt wahrnehmen.“ Zudem durchleben Kinder mit drei Jahren die Trotzphase, bei dem das Ausprobieren eine wichtige Rolle für die Bildung des eigenen Willens und der Individualität spiele. „In dieser Phase ist das Verständnis der Eltern besonders wichtig. Das braucht jedoch ein Wissen um die Gründe, warum sich Kinder den Aufforderungen widersetzen“, so der Wiener Psychologe.

Die US-Forscher empfehlen Eltern, statt einer ständigen Wiederholung gleicher Aufforderungen reaktive Mechanismen zu fördern, indem man Konsequenzen der Nichtbefolgung veranschaulicht. „Wichtig ist es, den Kindern Hintergründe zu erklären“, betont auch Kral. „Doch auch Wiederholungen sind wichtig und vermitteln Sicherheit. Erzählt man Kleinkindern etwa am Freitagnachmittag, welche Besuche am Wochenende anstehen, wollen sie es am Samstag nochmals hören.“ Verkürzende, logische Denkweisen seien hingegen Merkmal von Erwachsenen, so der Psychologe abschließend zu pressetext.

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.austria

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Stofftrennung trifft auf Energiewende

Trennkolonnen dienen der Separation von unterschiedlichsten Stoffgemischen in der chemischen Industrie. Die steigende Nutzung erneuerbarer Energiequellen bringt nun jedoch neue Anforderungen für einen flexibleren Betrieb mit sich. Im Projekt ColTray…

Funktionalisiertes Chitosan als biobasiertes Flockungsmittel

… für die Aufbereitung komplexer Abwässer. Forschende am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB haben ein biobasiertes und funktionalisiertes Flockungsmittel entwickelt, mit dem sich Abwässer mit komplexen Inhaltsstoffen effizient aufreinigen…

„Lücke“ bei CO2-Entnahmen

MCC-geführtes Forschungsteam beziffert erstmals die „Lücke“ bei CO2-Entnahmen. In Anlehnung an den Emissions Gap Report der Uno. Pläne der Staaten zum Zurückholen aus der Atmosphäre sind nicht auf dem Pfad…

Partner & Förderer