Astronauten brauchen Psycho-Training gegen Weltraumkoller

Um einem «Weltraumkoller» zu entgehen, müssen Astronauten nicht nur körperlich, sondern auch psychisch besonders fit sein. «Vor allem nach der Mitte einer mehrmonatigen Weltraummission drohen Motivationsverlust, depressive Verstimmungen, Langeweile oder Streit mit den Crew-Mitgliedern», sagte Prof. Dietrich Manzey, Leiter der Arbeits- und Organisationspsychologie der TU Berlin, in einem dpa-Gespräch. Zu den psychologischen Aspekten bemannter Raumfahrt hielt Manzey am Freitag seine Antrittsvorlesung.

In der Regel gebe es zu Beginn einer Weltraummission drei bis vier Wochen lang körperliche Umstellungsprobleme, etwa Kopfschmerzen durch den erhöhten Blutdurchfluss, eine Art Seekrankheit (Space-motion- sickness) oder Schlafprobleme durch den fehlenden Tag-Nacht-Rhythmus. Der zweite und dritte Monat liefen dann trotz des Lärms und der räumlichen Enge zumeist unproblematisch.

«Aber anschließend setzen oft psychische Probleme ein», erläutert Manzey. Auf der Internationalen Raumstation ISS seien deshalb nicht nur regelmäßige Audio- und Video-Kontakte zu Familie und Freunden vorgesehen, sondern alle zwei Wochen auch Konferenzen mit Psychologen. «Da kann man auch mal alles auskotzen.»

Wichtig sei es, dass das Team zueinander passe und nicht nur dominante Persönlichkeiten aufeinander träfen. «Ob Frauen oder Männer ist dann eigentlich egal.» Generell sei die Situation dadurch beherrschbar, dass die Raumstation im Notfall binnen Stunden zu evakuieren sei. «Eine völlig neue Lage werden wir aber haben, wenn die ersten Astronauten zum Mars fliegen», sagt Manzey. Drei Jahre dauert allein der Hinflug, Kontakte zur Erde werden fast nur per Email möglich sein. «Dann ist noch eine ganz andere Autonomie gefordert.»

Auch die Tatsache, dass erstmals die Erde nur noch als Punkt zu sehen sei, könnte für Probleme sorgen. «Das wäre das erste Mal, dass Menschen ihren Ursprungsplaneten aus dem Blick verlieren. Aber wir wissen aus den Tagebüchern der Astronauten, dass gerade dieser Blick auf den blauen Planeten zentrale Bedeutung hat.» Auch mit Extremsituationen wie dem Tod eines Crew-Mitglieds müsse gerechnet werden. «Möglicherweise wird deshalb nicht das Medizinische, sondern das Psychologische der einzig begrenzende Aspekt einer derartigen Mission sein.»

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