Umfrage: Hausarztmodelle in der heutigen Form weitgehend wirkungslos
Die seit vier Jahren in Deutschland angebotenen Hausarztmodelle der gesetzlichen Krankenkassen haben bisher nicht die erwünschte Wirkung gebracht. Zu diesem Ergebnis kommt der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung. Demnach fühlen sich Patienten in Hausarztmodellen von ihren Ärzten nicht besser versorgt als Patienten, die nicht an den Modellen teilnehmen. Auch die Anzahl der Facharztbesuche konnte bei den Modellteilnehmern nicht bedeutend gesenkt werden.
Die gesetzlichen Krankenkassen müssen seit 2004 so genannte Hausarztmodelle anbieten, in denen sich die Versicherten freiwillig für mindestens ein Jahr verpflichten, bei gesundheitlichen Problemen zuerst ihren Hausarzt (und nicht gleich einen Facharzt) aufzusuchen. Ziel ist es, Hausärzte zu Lotsen im Gesundheitssystem zu machen, die ihren Patienten ein Plus an Beratung und Sicherheit bieten. Bisher haben sich nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit knapp sechs Millionen Versicherte in solche Modelle eingeschrieben.
Die Modelle sollen unter anderem eine höhere Versorgungsqualität gewährleisten und die Koordination zwischen Haus- und Fachärzten verbessern. Es berichteten jedoch nur 59 Prozent der befragten Teilnehmer an Hausarztmodellen von einer Besserung ihres Gesundheitszustandes nach der Behandlung, während es außerhalb der Modelle 68 Prozent waren. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Teilnehmer an Hausarztmodellen älter und häufiger chronisch krank sind, verändern sich die Ergebnisse kaum. Von Modellteilnehmern, die mit akuten Beschwerden beim Hausarzt waren, berichteten 66 Prozent von einer Verbesserung ihres Gesundheitszustandes nach der Behandlung, bei den übrigen Patienten waren es 74 Prozent.
Zwar hatten 89 Prozent der Patienten in Hausarztmodellen für ihren letzten Facharztbesuch eine Überweisung (im Vergleich zu 64 Prozent der Patienten außerhalb der Modelle). Die Anzahl der Facharztbesuche konnte jedoch nicht gesenkt werden. Während 2004 die Teilnehmer an Hausarztmodellen durchschnittlich 1,9-mal pro Jahr einen Facharzt aufsuchten, waren es 2007 schon 2,5 Besuche. Außerhalb der Modelle gab es im gleichen Zeitraum nur einen kleinen Anstieg von 2 auf 2,1 Besuche.
„Hausarztmodelle in ihrer bisherigen Ausgestaltung bieten für die Patienten keine bessere medizinische Versorgung“, sagt Jan Böcken, Projektleiter bei der Bertelsmann Stiftung. „In den bestehenden Verträgen der Krankenkassen werden für die teilnehmenden Ärzte kaum Anreize gesetzt, die Versorgung zu verbessern. Die Vertragsgestaltung muss verändert werden, um die Versorgungsqualität durch Hausarztmodelle zu verbessern.“ Um ihrer Lotsenfunktion nachzukommen, bräuchten die Hausärzte zum Beispiel einen systematischen Überblick über die Qualität im Facharztbereich, so Böcken.
Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung befragt repräsentativ zweimal jährlich die Bevölkerung zu aktuellen Themen des deutschen Gesundheitswesens. Für die dargestellten Ergebnisse wurden sechs Befragungswellen von Oktober 2004 bis April 2007 mit insgesamt über 9.000 Personen zusammengefasst.
Über die Bertelsmann Stiftung:
Die Bertelsmann Stiftung setzt sich für das Gemeinwohl ein. Sie engagiert sich in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung und fördert das friedliche Miteinander der Kulturen. Durch ihr gesellschaftliches Engagement will sie alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, sich ebenfalls für das Gemeinwohl einzusetzen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. Die Bertelsmann Stiftung arbeitet operativ und ist unabhängig vom Unternehmen sowie parteipolitisch neutral.
Rückfragen an: Jan Böcken, Telefon: 0 52 41 / 81-81 462; E-Mail: Jan.Boecken@Bertelsmann.de
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