Weltrekord um einen Quantendetektor: Neues optisches Messgerät vollständig charakterisiert

In Zukunft könnte der neue Detektor Anwendung in Photonen-basierten Systemen der Quanteninformationswissenschaft, Stichwort Quantencomputer, oder in der optischen Telekommunikation finden.

Der Fachbeitrag „Mapping coherence in measurement via full quantum tomography of a hybrid optical detector“ ist jetzt auf der Website des angesehenen Journals „Nature Photonics“ erschienen. Neben Plenio sind Forscher um Ian Walmsley (Universität Oxford), der die experimentellen Arbeiten geleitet hat, sowie Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und weiterer renommierter Einrichtungen unter den Autoren.

Jedes technische Gerät hat Eigenschaften, die es auszeichnen. Im Falle eines Detektors zum Beispiel die spektrale Sensitivität. Mit 1,8 Millionen Parametern stellt der aktuelle Quantendetektor ungleich höhere Anforderungen an die Wissenschaftler als seine Vorläufer.

Um die Messungen interpretieren zu können, müssen die Wissenschaftler sämtliche Eigenschaften des Geräts möglichst genau kennen und wissen, was im Inneren abläuft: Ein schwacher Lichtpuls gelangt durch einen Strahlteiler, das ist eine sehr präzise hergestellte Glasplatte, in das Gerät. Dort trifft er auf einen genau definierten Laserstrahl und wird mit dessen Frequenz und Phase abgeglichen. So können Informationen über Quanteneigenschaften des schwachen Lichtpulses gewonnen werden.

Martin Plenio vergleicht den Laser mit einem Konzertmeister, der dem Orchester Stimmtöne vorgibt: „Im Konzertsaal misst das menschliche Ohr, inwieweit die Musiker von den vorgegebenen Noten abweichen. Dabei werden die Töne überlagert.“ In dem jetzt charakterisierten Gerät erlaubt es der Laser, Phase und Quantenzustand der Lichtpulse zu bestimmen.

Am Ende ihrer Reise gelangen die Pulse schließlich in eine optische Faser, in der sie durch optische Verzögerungsschleifen sowie Faserkoppler in maximal ein Lichtteilchen (Photon) aufgespalten werden. Diese Stückelung ist notwendig, um zu bestimmen, wie viele Photonen in einem definierten Zeitraum durch das Gerät wandern.

Durch diese Messungen erzeugt der Detektor große Datenmengen. Mit bisher üblichen Methoden würde eine Interpretation mehrere Millionen Stunden dauern. Für den nun entwickelten Prototyp haben die Forscher unter Mitwirkung Martin Plenios einen Algorithmus entwickelt, der alle Parameter des Geräts einbezieht: „Durch diesen mathematischen Trick können wir die Messprotokolle in einigen Stunden mit einem sehr guten Rechner auswerten“, sagt der Leiter des Instituts für Theoretische Physik an der Uni Ulm. Anhand dieser Ergebnisse, kann auch die künftige Reaktion des Detektors auf zu messende Quantenzustände vorhergesagt werden.

Wenn Glasfaserkabel eines Tages auch zur Quantenkommunikation genutzt werden, könnte ein Nachfolgemodell des jetzt charakterisierten Detektors den Ablauf überwachen. Außerdem wäre das Gerät in der Lage, Rechenoperationen eines auf Licht basierenden Quantencomputers auszuwerten. „Obwohl diese praktische Anwendungen noch Zukunftsmusik sind, freue ich mich, mit meinen theoretischen Überlegungen dazu beizutragen“, sagt Plenio.

Die Forscher sind vor allem mit Mitteln des EU-Programms Quantum InterfacES, SENsors, and Communication based on Entanglement (Q-ESSENCE) und durch Martin Plenios Alexander von Humboldt-Professur gefördert worden.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Martin Plenio, Tel.: 0731/50-22900, martin.plenio@uni-ulm.de

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Annika Bingmann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-ulm.de

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