Laufen gegen die Demenz?

Erst vor wenigen Jahren hatten mehrere Forschergruppen in Tierversuchen nachgewiesen, dass neue Nervenzellen nicht nur vor der Geburt, sondern auch noch lange danach entstehen können. Die sogenannte Neurogenese findet unter anderem in Teilen des sogenannten Hippocampus statt.

„Diese Struktur im Schläfenlappen des Mittelhirns ist maßgeblich an Lern- und Gedächtnisleistungen beteiligt“, erklärt Professor Düzel. Es gibt Grund zu der Annahme, dass körperliche Aktivitäten in einer vielfältigen Umgebung die Neurogenese in Teilen des Hippocampus anregt und neue Nervenzellkontakte (Synapsen) dort sowie in angrenzenden Bereichen der Großhirnrinde entstehen lässt. Mutmaßlich wirkt dieser Prozess einer altersbedingten Verschlechterung kognitiver Leistungen, wie etwa dem räumlichen Arbeitsgedächtnis, entgegen.

Das räumliche Arbeitsgedächtnis sorgt beispielsweise dafür, dass sich Menschen sicher im Straßenverkehr oder in Räumen orientieren können. Bei Patienten, die beispielsweise an einer Alzheimer-Demenz im fortgeschrittenen Stadium leiden, ist unter anderem das räumliche Arbeitsgedächtnis sehr stark eingeschränkt. „Sie reagieren nicht selten mit Angst und Aggressivität auf ihnen unvertraute Umgebungen“, so Privatdozent Dr. Notger Müller, Oberarzt an der Uni-Klinik für Neurologie und Arbeitsgruppenleiter am DZNE. Ließe sich die Neurogenese in Teilen des Hippocampus durch sportliche Aktivitäten stimulieren und damit das Lernvermögen gezielt trainieren, könnte der kognitive Abbau im Verlauf einer Alzheimer-Demenz vielleicht verzögert werden. Alzheimer-Patienten und deren Angehörige müssten dann weniger leiden.

Deshalb wollen die Wissenschaftler einige grundlegende Fragen klären. Zum Beispiel: Inwieweit sind die Ergebnisse aus den Tierversuchen auf den Menschen übertragbar? Können durch körperliches Ausdauertraining auch im menschlichen Gehirn neue Nervenzellen entstehen? Welche Auswirkungen hat körperliches Ausdauertraining auf die kognitiven Leistungen wie das räumliche Arbeitsgedächtnis? Und welchen Einfluss haben genetische und kardiovaskuläre Faktoren auf den Trainingserfolg?Diese und andere Fragen soll das mehrjährige Forschungsprojekt am Magdeburger Universitätsklinikum in Kooperation mit dem DZNE Magdeburg beantworten helfen.

Bei dem Projekt werden drei Gruppen vom Probanden einer sehr genauen Diagnostik unterzogen:
– gesunde Jugendliche im Alter von 18 bis 30 Jahren,
– gesunde Senioren im Alter zwischen 70 bis 75 Jahren und
– Menschen, bei denen Symptome und Diagnostik auf eine Alzheimer-Demenz im Frühstadium hinweisen.

Ein Teil der Probanden wird an einem dreimonatigen Laufbandtraining teilnehmen, das dreimal wöchentlich etwa 30 bis 60 Minuten dauert und von Sportmedizinern sowie Kardiologen unter Berücksichtigung der individuellen Fitness der Teilnehmer erstellt und begleitet wird. Auch die körperliche Aktivität außerhalb des Trainingsprogramms wird mit Hilfe eines Schrittzählers überwacht werden.

Mit modernster Diagnostik, wie beispielsweise der nicht-invasiven Hirndiagnostik im 3- bzw. 7-Tesla-Kernspintomographen und im Magnetenzephalographen sowie mit einer molekulargenetischen Blutanalytik inklusive einer umfangreichen herzmedizinischen Kontrolle, werden die Probanden während der wissenschaftlichen Studie überwacht. Wichtige Erkenntnisse erhoffen sie sich darüber hinaus von einer auf mindestens zwei Jahre angelegten Langzeitstudie in Zusammenarbeit mit Hausärzten aus der Magdeburger Region.

Kontakt: Interessenten im Alter zwischen 70 und 75 Jahren, die an der Studie teilnehmen wollen, wenden sich bitte an das DZNE Magdeburg unter Telefon: 0391/67 24 555, e-mail: info-magdeburg@DZNE.de, Internet: www.dzne.de. Teilnahmebedingungen: Keine schweren chronischen Erkrankungen

Autor: Uwe Seidenfaden

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Kornelia Suske idw

Weitere Informationen:

http://www.med.uni-magdeburg.de/

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