Medizin soll von neuartigen Biomaterialien profitieren

Unter der Leitung des Lehrstuhlinhabers beteiligen sich die Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) am europäischen Netzwerkprojekt „ITN-GLACERO“ (Glass and Ceramic Composites for High Technology Applications), das jetzt gestartet ist. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission vier Jahre mit 3,8 Millionen Euro gefördert.

Ziel dieses EU-Projektes ist die Herstellung und Testung von High-Tech-Gläsern, Glaskeramiken und glashaltigen Verbundwerkstoffen sowie die interdisziplinäre Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses auf diesem Gebiet. Die Ausbildung erfolgt in enger Zusammenarbeit europäischer Universitäten mit der Industrie. Laut Prof. Boccaccini von der FAU ermöglicht gerade diese interdisziplinäre Ausbildung einen wissenschaftlichen Austausch über innovative, kostengünstige und umweltverträgliche Materialien aus Glas und deren Herstellungsmethoden.

Das Konsortium setzt sich aus je fünf Partnern der Bereiche Forschung und Industrie zusammen. Die Partner kommen aus sechs europäischen Ländern – Deutschland, Italien, Frankreich, England, Finnland und Tschechischer Republik. Jeder dieser Beteiligten, hebt Boccaccini hervor, besitze herausragende Kenntnisse in den Bereichen Glastechnologie, Modelling, Design sowie der Charakterisierung und der Kommerzialisierung von Produkten aus Glas und Verbundwerkstoffen. Das koordinierende Institut ist das Polytechnikum von Turin (Italien).

Von Vorteil und Nutzen dieser auf Glas basierenden High-Tech-Werkstoffe ist Boccaccini überzeugt. Die neuartigen Werkstoffe wie Glaskeramik, Verbundwerkstoffe aus Glaskeramik und Fasern eigneten sich beispielweise für eine Verwendung im medizinischen Bereich. So ist das Institut für Biomaterialien in Erlangen unter der Leitung von Prof. Boccaccini für das Arbeitspaket „Design, Herstellung und Charakterisierung von neuen Gläsern für Anwendungen in der Medizin“ verantwortlich. „Wir entwickeln spezielle Glaszusammensetzungen, die eine direkte Bindung zu Knochen und Weichgewebe ermöglichen“, sagt Aldo R. Boccaccini. Bioaktive Gläser könnten künftig etwa als Knochenersatzwerkstoffe der regenerativen Medizin dienlich sein. „In den von uns geplanten Knochenersatz aus Glaskeramik können Medikamente wie Antibiotika eingebaut werden. Die Medikamente werden im Körper freigesetzt, sobald sich die Glaskeramik auflöst“, sagt Boccaccini. D.h. auf dem medizinischen Feld der Knochenregenerierung ist Glaskeramik als Medikamententräger geeignet, da davon ausgegangen wird, dass die lokale Freisetzung von Medikamenten verträglicher ist als ihre orale Einnahme.

Außerdem wollen die FAU-Wissenschaftler Biomaterialien auf Glasbasis für die Onkologie (z.B. ferromagnetische Glaskeramiken zur hyperthermischen Behandlung von Tumoren) herstellen. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Prothetik. Beispielsweise wollen die Erlanger Wissenschaftler bioaktive Beschichtungen aus Glas und Verbundwerkstoffen herstellen.

Neben dem Einsatz in der Medizin liegt ein weiterer Schwerpunkt des EU-Projekts „ITN-GLACERO“ im Bereich der Erzeugung sauberer Energie. Nach Angabe des Wissenschaftlers Boccaccini sollen Brennstoffzellen unter Verwendung von Dichtmaterialien aus Glas produziert werden. Darüber hinaus wird die Herstellung von umweltverträglichen Strukturwerkstoffen mittels thermischer Behandlung von glashaltigen Reststoffen (z.B. Rückstände der Müllverbrennung) angestrebt.

Mehr Informationen:
Prof. Dr. Aldo R. Boccaccini
Tel.: 09131/85-28600
aldo.boccaccini@ww.uni-erlangen.de

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Pascale Anja Dannenberg idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-erlangen.de

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