Faserverbundwerkstoffe werden sensibel

Piezoelektrik macht’s möglich: Bauteile aus faserverstärktem Kunststoff können künftig Warnsignale abgeben, bevor sie zu Bruch gehen. Die Technik wird in Zukunft den Betreibern von Windparks helfen, ihre Turbinen im richtigen Moment herun-terzufahren. Die neuen, in den Werkstoff integrierten Keramiksensoren sind auf der Sensor 2003 in Nürnberg zu sehen. Auf dem Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft in Halle 7 können sie auch ausprobiert werden.

Am Stand der Fraunhofer-Gesellschaft dürfen Besucher auf den Putz hauen: Eine Platte aus faserverstärktem Kunststoff registriert punktgenau jeden Stoß und leitet die Information an einen Rechner weiter, der die gemessenen Belastungen in ein Bild umsetzt. „Wir können hier zeigen, dass sich mit integrierten Piezofaser-Sensoren online Belastungen messen lassen“, sagt Dieter Sporn, Chemiker am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg.

Herzstück der druck- und zugempfindlichen Platte sind feine Fasern aus Piezokeramik. Sie verwandeln mechanische Belastung in elektrische Signale. Das Prinzip ist alt, neu ist die Dimension: „Der Durchmesser der Keramikfasern beträgt nur Bruchteile eines Millimeters“, so Sporn. „Die Piezosenoren sind flexibel und lassen sich daher in faserverstärkte Kunststoffe integrieren.“ Um mechanische Belastungen in allen drei Dimensionen erfassen zu können, verwenden die Fraunhofer-Forscher zwei in die Platte eingelassene und im 90-Grad-Winkel angeordnete Fasersensoren und einen dritten Piezosensor, der auf die Oberfläche montiert wird.

Die neue Technologie bietet die Möglichkeit, Windturbinen sicherer und langlebiger zu machen: Die piezokeramischen Sensoren regis-trieren Druck-, Zug und Scherkräfte, bei Überlastung kann die Anlage heruntergefahren werden, bevor sich Risse bilden und das Material bricht. Windkraftanlagen sind aber nur eine von vielen denkbaren Anwendungen: Die Flugzeugindustrie hat bereits Interesse bekundet. Hier können die Sensoren helfen, Leitwerke aus faserverstärkten Kunststoffen sicherer zu machen.

Grundsätzlich eignet sich die neue Sensortechnik zur permanenten Überwachung aller hoch beanspruchten Bauteile aus Faserverbundwerkstoffen. Ein interdisziplinäres Forscher-Team arbeitet an innovativen Sensor-Konzepten, mit denen sich die Lebenszeit von Bauteilen verlängern und Unfälle verhindern lassen. Beteiligt an der Entwicklung sind Experten vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit LBF, dem Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP, Außenstelle für Akustische Diagnose und Qualitätssicherung, dem ISC sowie der Neuen Materialien Würzburg GmbH. Interessant sind die hauchdünnen Piezokeramiken übrigens auch für die Automobilindustrie: Eingebaut in Stoßstangen können sie Berührungen registrieren und damit als Aufprallsensoren eingesetzt werden.

Weitere Informationen zu Piezofaser-Sensoren und anderen Neuentwicklungen aus dem Bereich der Sensortechnik finden Sie auf der Sensor 2003 vom 13. bis 15. Mai am Gemeinschaftsstand der Fraunhofer-Gesellschaft Halle 7, Stand 321. Am Dienstag den 13. Mai findet dort um 11 Uhr ein Pressegespräch statt, zu dem alle Vertreter der Medien eingeladen sind.

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Dr. Johannes Ehrlenspiel idw

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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