Stresshormon wirkt deutlich schneller als erwartet

Stress könnte sich beim Menschen weitaus umfassender auf die Wahrnehmung und Informationsverarbeitung auswirken als bisher angenommen. Forschern am Fachbereich I der Universität Trier unter der Federführung des Psychobiologen Prof. Dr. Hartmut Schächinger ist in Zusammenarbeit mit dem Brüderkrankenhaus Trier erstmals der Nachweis einer raschen Wirkung des Stresshormons Kortisol auf den Thalamus gelungen. Damit würde Kortisol beim Menschen die thalamische Informationsverarbeitung von Stressereignissen nahezu unmittelbar beeinflussen und nicht – wie bisher angenommen – frühestens nach 20 Minuten.

Forschern am Fachbereich I der Universität Trier gelingt in Zusammenarbeit mit dem Brüderkrankenhaus Trier erstmals der Nachweis einer raschen Wirkung des Stresshormons Kortisol auf den Thalamus. Diese Gehirnstruktur ist für viele kognitive Prozesse äußerst wichtig, u.a. für die Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung. Dieser Befund wurde in der neuesten Ausgabe des renommierten „Journal of Neuroscience“ publiziert. Erstautor dieser Publikation ist ein Doktorand des DFG-geförderten Internationalen Graduiertenkollegs „Psychoneuroendokrinologie des Stresses“.

Stress ist ein psychobiologisches Phänomen. Während Stress kommt es zu physiologischen und kognitiven Reaktionen. Mit diesen soll eine aus phylogenetischer Perspektive vorteilhafte Anpassung des Individuums an das Stress auslösende Ereignis begünstigt werden. Zwar wird im Rahmen einer Stressreaktion Kortisol schon innerhalb von Minuten in den Blutkreislauf freigesetzt. Bisher wurde jedoch vermutet, dass Kortisol nur relativ langsam im Gehirn wirken kann. Grund für diese Vermutung liefern Untersuchungen, die belegen, dass die durch Kortisol ausgelösten molekularbiologischen Prozesse frühestens nach 20 Minuten zu spezifischen Funktionsänderungen der Zellen führen können. Damit wäre ein Einfluss des Stresshormons Kortisol auf die unmittelbare kognitive Verarbeitung des Stress auslösenden Ereignisses ausgeschlossen.

Mit dem jetzt publizierten interdisziplinären Forschungsprojekt konnte jedoch in mehreren unabhängigen Experimenten gezeigt werden, dass Kortisol innerhalb weniger Minuten Funktionsänderungen im Thalamus hervorruft. Der Thalamus ist eine sehr wichtige Gehirnstruktur, die bei der Verarbeitung fast aller Wahrnehmungen eine Rolle spielt. Zudem ist der Thalamus an der Regulation von Wachheit und Aufmerksamkeit beteiligt. Die Forschungsergebnisse zeigen daher, dass das im Rahmen einer Stresssituation ausgeschüttete Hormon Kortisol sehr wohl einen Einfluss auf die kognitive Verarbeitung des Stress auslösenden Ereignisses ausüben könnte.

Orginalpublikation:
F Strelzyk, M Hermes, E Naumann, M Oitzl, C Walter, HP Busch, S Richter, and H Schächinger: Tune It Down to Live It Up? Rapid, Nongenomic Effects of Cortisol on the Human Brain. Journal of Neuroscience 2012; 32: 616–625.

Media Contact

Peter Kuntz idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-trier.de/

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