Regulation von Tumorzelltod und Chemoresistenz

Sauerstoffmangel ist lebensbedrohlich und führt zum Tod. Als Schutzmechanismus besitzen Zellen einen Sauerstoffsensor, der bei reduzierter Sauerstoffversorgung (Hypoxie) aktiviert wird und nach Expression diverser Gene Zellen in die Lage versetzt, ihre Vitalität zu erhalten. Zentraler Regulator ist der Hypoxie-induzierbare Transkriptionsfaktor HIF (hypoxia inducible factor). Seit kurzem ist bekannt, dass HIF auch unter ausreichender Sauerstoffversorgung (Normoxie) durch Entzündungsmediatoren, wie Zytokine, Stickstoffmonoxid (NO) oder Sauerstoffradikale (ROS: reactive oxygen species), aktiviert wird. Dies erweitert den Einflussbereich von HIF und führt zu neuen, biomedizinischen Fragestellungen im Bereich von Entzündung, Angiogenese und Tumorbiologie.

Immunhistochemische Analysen zeigen eine deutliche Expression von HIF-1a in bösartigen Tumoren. Ein wachsender Tumor wird im Inneren hypoxisch und aktiviert HIF-1. Hier wird das Potential von HIF-1 zur Genaktivierung „missbraucht“, um Wachstum zu sichern. Darüber hinaus führen Tumor-assoziierte Mutationen, z.B. in den Tumorsuppressorproteinen p53, PTEN (phosphatase and tensin homolog deleted from chromosome 10) oder pVHL (von Hippel Lindau Protein) zur verstärkten HIF-1a-Expression. Ein Erklärungsansatz könnte sein, dass HIF die Vitalität von Tumoren nicht nur durch Angiogenese (Neubildung von Blutgefäßen) bzw. Glykolyse (Bereitstellung von Energie in Abwesenheit von Sauerstoff), sondern auch durch den Schutz vor Apoptose (dem programmierten Zelltod) verbessert. Zellen, die vor Apoptose geschützt sind, zeigen eine verminderte Ansprechbarkeit gegenüber Chemotherapeutika.

Leider ist z.Z. völlig unverstanden, unter welchen Bedingungen Hypoxie zum Zelltod über Apoptose führt oder Zellen vor Apoptose schützt und so zum Problem der Chemoresistenz beiträgt. Wir möchten durch unsere Studien erarbeiten, wann Hypoxie den Zelltod oder Zellschutz vermittelt und wie der endogene Botenstoff NO (Stickstoffmonoxid) Tumorzellen gegenüber Chemotherapeutika sensibilisiert. Wir vermuten in der Stabilisierung von HIF-1a den entscheidenden Faktor einer Resistenz gegenüber Chemotherapeutika. Entsprechend müsste der HIF-1alpha Abbau Zellen gegenüber Apoptoseagonisten sensitivieren. Dies soll experimentell überprüft werden, indem HIF-1alpha gezielt in Tumorzellen degradiert wird. Dabei vermuten wir eine zentrale Rolle von NO.

Die Suche nach Mechanismen, die HIF-1a oder dessen Stabilität/Expression beeinflussen, könnte sich als lohnenswerter Ansatz bei der Tumortherapie entwickeln.

Kontakt:
Prof. Dr. Bernhard Brüne,
Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Biochemie I,
Tel: +49-69-6301 7423, E-mail: bruene@zbc.kgu.de

Media Contact

Bernhard Knappe idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Atomkern mit Laserlicht angeregt

Dieser lange erhoffte Durchbruch ermöglicht neuartige Atomuhren und öffnet die Tür zur Beantwortung fundamentaler Fragen der Physik. Forschenden ist ein herausragender Quantensprung gelungen – sprichwörtlich und ganz real: Nach jahrzehntelanger…

Wie das Immunsystem von harmlosen Partikeln lernt

Unsere Lunge ist täglich den unterschiedlichsten Partikeln ausgesetzt – ungefährlichen genauso wie krankmachenden. Mit jedem Erreger passt das Immunsystem seine Antwort an. Selbst harmlose Partikel tragen dazu bei, die Immunantwort…

Forschende nutzen ChatGPT für Choreographien mit Flugrobotern

Robotik und ChatGPT miteinander verbinden… Prof. Angela Schoellig von der Technischen Universität München (TUM) hat gezeigt, dass Large Language Models in der Robotik sicher eingesetzt werden können. ChatGPT entwickelt Choreographien…

Partner & Förderer