Evolutionärer Zweikampf neu definiert

Computermodell verdeutlicht Überlebenschancen von Arten

Deutsche Forscher haben entdeckt, dass die Durchsetzungsfähigkeit einer Art vor allem von der Geschwindigkeit abhängt, mit der eine Population nach einer Störung wieder zu ihrer ursprünglichen Größe zurückkehrt. Damit postulieren die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für molekulare Genetik, die gemeinsam mit einem Team der Universität Göttingen mit Computersimulationen und empirischen Studien die Untersuchungen durchgeführt haben, eine neue Sichtweise für so genannte „Darwins Fitness“ – die Überlebenschancen von Arten. In Zukunft sollen damit genaue Vorhersagen für die quantitative Entwicklung von Arten, von Bakterienstämmen bis hin zu großen Säugetieren, gemacht werden.

Die bisherige Auffassung der Forscher war davon geprägt, dass vor allem die Wachstumsrate einer Population entscheidend war. Das bedeutet, dass Geschwindigkeit und Quantität, mit der sich die neue Art verbreitet, und die Fähigkeit, sich gegenüber ansässigen Arten durchzusetzen, entscheidend waren. Die Max-Planck-Forscher haben diese Theorie aber mit Hilfe von Computersimulationen und empirischen Studien widerlegt. Entscheidend bei einem solchen Konkurrenzkampf ist demnach die Geschwindigkeit, mit der eine Population nach einer Störung wieder zu ihrer ursprünglichen Größe zurückkehrt. Dabei zeigte sich, dass sich häufig auch Arten mit kleinerer Wachstumsrate gegenüber einem ursprünglichen Wildtyp durchsetzen können.

Die Forschungsergebnisse der Wissenschaftler sollen Licht in eine der größten Gefahren für die Biodiversität, die Bioinvasion, bringen. Bioinvasion bezeichnet die Ansiedlung einer Art in einem Ökosystem, in dem sie ursprünglich nicht heimisch war. Zahlreiche Tier- und Pflanzenart finden in ihrer neuen Heimat oft günstige Lebensbedingungen vor und drängen lokal vorkommende Spezies bis in die Ausrottung.

Die Geschwindigkeit, mit der eine Population nach einer Störung wieder zu ihrer Ausgangsgröße zurückkehrt, wird als „Robustheit“ oder quantitativ als „evolutionäre Entropie“ bezeichnet. Diese kann mit Hilfe weiterer Faktoren wie dem Alter der Geschlechtsreife, der Wurfgröße und der reproduktiven Zeitspanne berechnet werden. Die evolutionäre Entropie ist ein Maß dafür, wie die Produktion von Nachkommen auf die zur Verfügung stehende Lebenszeit verteilt ist. Das Forscherteam um Lloyd Demetrius fand heraus, dass die evolutionäre Entropie ein geeignetes Maß für die Fitness im Sinne Darwins bzw. die Überlebensfähigkeit einer Art im Laufe der Evolution ist.

Das neue wissenschaftliche Konzept hat aber auch weit reichende Folgen für die Entwicklung neuer Waffen gegen Krankheitserreger. Denn die Evolutionsregeln gelten auch für einfache Organismen wie etwa Bakterien. Künftige Studien zur Untersuchung der Durchsetzungsfähigkeit antibiotikaresistenter Stämme sollten daher nach Meinung der Berliner Forscher auf einer quantitativen Beschreibung der demografischen Entropie der beteiligten Stämme basieren, um beispielsweise den Einsatz von Antibiotika im medizinischen Bereich zu optimieren.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.molgen.mpg.de

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