Wanderalbatrosse wandern nicht


Wanderalbatrosse wandern nicht
Kieler Wissenschaftler mit Beitrag in „nature“

Die am morgigen Donnerstag erscheinende Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „nature“ bringt einen Bericht über Albatrosse, der auf ein Forschungsprojekt von Rory P. Wilson vom Institut für Meereskunde an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Henri Weimerskirch, Institut für Polarforschung und -technik in Plouzane, Frankreich, zurückgeht.

Unter dem Titel „Wandering albatrosses do not wander“ erfährt der Leser des englischsprachigen Magazins von der ersten Langzeitbeobachtung, die an den größten Meeresvögeln bisher gelungen ist: Ein Sensor, der an den Füßen der Vögel befestigt wird, erlaubt mittels GLS (Global Locating Sensing) eine Ortung des jeweiligen Aufenthaltspunktes. Der Sensor ist so klein, dass er über lange Zeit getragen werden kann, ohne dass er die Tiere behindert oder sie ihn verlieren.

Wie seit längerem bekannt, brüten Wanderalbatrosse jedes zweite Jahr immer an der gleichen Stelle. Nach der Aufzucht der Jungen verlassen sie für etwa 15 Monate die Brutplätze, um erst im übernächsten Jahr zurückzukehren. Zur großen Überraschung der Wissenschaftler sind die hervorragenden Flieger, die zur Futterbeschaffung für ihre Jungen „mal eben“ Tausende Kilometer zurücklegen, weit sesshafter als angenommen. In der eineinhalbjährigen Auszeit wandern sie nämlich nicht ständig umher, sondern suchen sich eine Art „Zweitwohnsitz“ Tausende Kilometer von der Brutstätte entfernt. Diesem Standort bleiben die Albatrosse dann über das gesamte „Sabbatical“ treu.

Nach diesen neuen Erkenntnissen, die aus Wilson/Weimerskirchs Untersuchungen im Südindischen Ozean hervorgehen, drängt sich nicht nur die Frage auf, ob die „Wanderalbatrosse“ ihren Namen zu Recht tragen. Da einige Vögel aus der untersuchten Gruppe ihren Zweitstandort in der Nähe der Gegenden gefunden haben, in denen Thunfische durch die „Longline Fishery“ gefangen werden, besteht vor allem die Befürchtung, dass auch Albatrosse während ihres langen Aufenthaltes in dieser Region Opfer der umstrittenen Fischereimethoden werden könnten.

Während Dr. Henri Weimerskirch als Ornithologe den verhaltensforscherischen Part der Untersuchung abdeckte, waren die Kieler Beteiligten für die gesamte Beobachtungsmethodik zuständig. Auch die Auswertung der Sensoren erfolgte im Institut für Meereskunde. Das Global Locating Sensing (GLS) wurde an dem Kieler Institut entwickelt und ist bereits seit sechs Jahren im Einsatz. Derzeit untersucht Dr. Rory P. Wilson mit GLS auch das Wanderverhalten von Pinguinen. Der GLS-Sensor speichert Lichtintensität, Tageslänge und den höchsten Sonnenstand. Ein speziell entwickeltes Computersystem kann anhand dieser Daten Flugrouten und Aufenthaltsorte der Träger bestimmen. Voraussetzung für das Gelingen der Beobachtungen ist allerdings, dass man den in Beobachtung befindlichen Tieren das Gerät wieder abnehmen kann.

So berichtet Wilson bewegt von dem Augenblick, als alle sieben mit Sensoren ausgestatteten Vögel nach über 15 Monaten tatsächlich an den Ausgangspunkt zurückkehrten, wo die Wissenschaftler über Monate ausgeharrt hatten: „Das war ein ganz großer Moment für uns. Und ich muss anerkennend sagen: Die Albatrosse haben sich als sehr zuverlässig erwiesen.“

Die Arbeitsgruppe des Instituts für Meereskunde an der Universität Kiel, zu der Wilson gehört, wird von Dr. Dieter Adelung, Professor für Meereszoologie, geleitet. Auch die derzeit laufenden Beobachtungen von Seehunden im Wattenmeer unterstehen seiner Regie. Allerdings werden die Bewegungen der Seehunde mit einem anderen System beobachtet, das zwar genauere Lokalisation erlaubt, aber nicht so langfristig einsetzbar ist wie GLS.

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Susanne Schuck

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