Peptid verstärkt HIV-Infektion

Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Universität Ulm haben einen Mechanismus entdeckt, der die Infektionsrate mit dem Aids-Erreger (HIV) um das bis zu Hunderttausendfache verstärkt. Die MHH-Forscher um Pharmakologie-Professor Dr. Wolf-Georg Forsmann fanden die winzigen Eiweißmoleküle in Samenflüssigkeit.

Diese Entdeckung könnte erklären, warum der häufigste Weg der HIV-Infektionen über Sexualkontakte geschieht. Die Wissenschaftler halten dank ihrer Erkenntnissen neue Strategien zur Verhinderung der Aids-Erkrankung für möglich. Die Ergebnisse sind jetzt in dem renommierten Fachmagazin „Cell“ veröffentlicht worden.

Die hannoversche Peptid-Forschungsgruppe mit Professor Forssmann, Ludger Ständker und Knut Adermann fand das in menschlicher Samenflüssigkeit vorkommende winzige Peptid, das sich aus einem Enzym abspaltet – der sauren Prostata-Phosphatase (PAP). Die Forscher isolierten und synthetisierten den Eiweißstoff. Die Ulmer Virologen um Professor Dr. Frank Kirchhoff und Jan Münch konnten die aktivierende Wirkung der Petpide auf HI-Viren in Zellkulturen nachweisen. Die winzigen Peptide ballen sich zusammen und bilden amyloid-ähnliche Fibrillen. Diese Fibrillen lagern sich an das HI-Virus an und beschleunigen dadurch die Infektion der Zelle.

Die bislang gefundenen „Beschleuniger“ (Modulatoren) einer HIV-Infektion wirken allenfalls mit einem bis zu dreifach verstärkenden Effekt; das jetzt gefundene Peptid weist aber eine mehr als fünzigfach erhöhte Wirkstärke auf, in manchen Fällen sogar bis zu hunderttausendfach. „Wir hatten nicht erwartet, einen HIV-Verstärker zu finden und waren sogar noch mehr überrascht über die hohe Wirkstärke“, betont Professor Kirchhoff. Professor Forssmann erläutert das Prinzip des Mechanismus': „Die Fibrillen agieren wie kleine Ruderboote: Sie nehmen die Viren auf und bringen sie in die infizierbaren Lymphzellen.“

In weiteren Studien wollen die Forscher die Rolle der Fibrillen genauer untersuchen. „Wir wollen jetzt im Detail herausfinden, wie die Fibrillen den Viren helfen, in die Zellen hineinzugelangen“, sagt Professor Forssmann. Zudem wollen die Forscher nach Wirkstoffen fahnden, die diesen Vorgang blockieren könnten. „Wenn solche Inhibitoren gefunden werden, wäre es möglich, diese als mikrobizide Gele zur Prävention einer HIV-Infektion einzusetzen.“

Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Wolf-Georg Forssmann, Telefon (0511) 5466-421, forssmann.wolf-georg@mh-hannover.de.

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Stefan Zorn idw

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