Mikroplastik in Gewässern – Vorsorge oder Gefahrenabwehr?

In fünf Vorträgen und vier Posterbeiträgen werden Eintragspfade von Mikroplastik in Gewässer vorgestellt und diskutiert, welche Auswirkungen das hat und welche Ansätze einer Umweltbewertung erkennbar sind. Dabei zeichnet sich bereits im Vorfeld der Tagung ab, dass es sowohl gilt, Gefahren abzuwehren als auch Vorsorge zu treffen, und zwar im Kontext wissenschaftlich-technischer, ökologischer, ökonomischer und soziologischer Aspekte.

Kunststoffe, auch Plastik genannt, sind wichtige Werkstoffe, die aus Haushalt und Wirtschaft nicht mehr wegzudenken sind. Nach ersten zögerlichen Anfängen ihrer Entwicklung im 19. Jahrhundert begann Mitte des 20. Jahrhunderts der Siegeszug der Kunststoffindustrie. Mittlerweile wurden mehrere hundert Kunststoffsorten entwickelt und stetig werden neue Kunststoffprodukte mit ganz unterschiedlichen technischen Eigenschaften auf den Markt gebracht. Gerade diese Eigenschaften sind es aber, die sich absehbar auch nachteilig auswirken können.

Nach Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (2008/56/EG) versteht man unter Mikropartikeln alle Teilchen unter fünf Millimeter. Mikroplastikpartikel können Bestandteil beispielsweise von Kosmetika, Pflegeprodukten oder Reinigungsmitteln sein, sie können sich aber auch aus größeren Plastikteilen bilden, die in der Umwelt physikalisch, biologisch oder chemisch zer- und verkleinert werden. Im Wasser schwimmende oder schwebende größere Plastikteile sind nicht nur Umweltschützern seit längerem ein Dorn im Auge. Ein Verheddern darin oder das Verschlucken kann für Tiere tödlich sein.

Doch Mikroplastik sieht man nicht unbedingt auf den ersten Blick, und selbst wenn Tiere oder andere Organismen in der Lage sind, die Teilchen wieder auszuscheiden: Sie gehören nicht in die Natur. Und so gilt es, den Eintrag von Mikroplastikpartikeln zu mindern und Verfahren zu entwickeln, Mikroplastikpartikel aus der Umwelt zu entfernen.

Dringend erforderlich ist auch eine Einschätzung und Bewertung des Gefährdungspotenzials. Bislang völlig unbekannt ist die Rolle von Klärwerken. Können diese Mikroplastik zurückhalten oder entweicht sie mit dem geklärten Abwasser? Erste Untersuchungen zeigen, dass Mikroplastik in durchaus großen Mengen die Kläranlagen verlässt, aber eine spezielle Schlussfiltration installiert werden kann, die dies verhindert.

Doch nicht nur Kunststoffteile jeglicher Größe geben in der Umwelt zu denken – auch ihre Additive oder zur Färbung verwendeten Pigmente. Die Tagung in Schwerin zeigt, mit welchen analytischen Methoden es Wissenschaftlern gelingt, Aussagen über Art und Menge der Mikroverunreinigungen und anderer aus diesen Teilchen stammender Stoffe zu treffen.

Als ein Fallbeispiel für die Verschmutzung von Süßgewässern mit Plastikpartikeln wurde der Gardasee ausgewählt. Als ein Ergebnis konnte festgestellt werden, dass beim Einsatz analytischer Methoden eine genauere Partikelgrößenaufteilung vonnöten ist, um eine zuverlässige Quantifizierung von (Mikro)Plastik durchführen zu können.

Kommt Mikroplastik, wie einige Medien meldeten, mittlerweile auch im Trinkwasser vor? Auch hier wird die Tagung deutlich machen, dass es darüber kaum Erkenntnisse gibt. Bisherige Studien sind kaum miteinander vergleichbar, da keine einheitliche Methodik für Probenahme und Analytik existieren. Die bislang vorliegenden Ergebnisse ermöglichen nur eine grobe Ersteinschätzung.

Danach dürften größere Mikroplastikpartikel mit den üblichen technischen Filtrationsverfahren im Rahmen der Trinkwasseraufbereitung zurückgehalten werden, für kleine Mikroplastikpartikel liegen noch keine Informationen vor. Analogschlüsse zu anderen Mikropartikeln ähnlicher Größenordnung sind wegen unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit unzulässig.

Weitere Themenblöcke bei der „Wasser 2015“ sind u.a. Abwasser, Aufbereitung, Meereschemie, Spurenstoffe, Trinkwasser und Hygiene. Weitere Informationen finden sich unter: www.gdch.de/wasser2015 

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit rund 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 27 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Wasserchemische Gesellschaft, 1926 als „Fachgruppe für Wasserchemie“ im Verein Deutscher Chemiker gegründet. 1948 erfolgte die Neugründung als „Fachgruppe Wasserchemie“ in der GDCh, seit 2000 heißt sie „Wasserchemische Gesellschaft – Fachgruppe in der GDCh“. Ihre Mitglieder sind tätig für den wirksamen Schutz, die sinnvolle Nutzung, die zweckmäßige Aufbereitung und Reinigung sowie die sachgemäße Untersuchung und Beurteilung des Wassers. Ihr breites Themenspektrum stellt die Wasserchemische Gesellschaft in diesem Jahr sowohl auf der Jahrestagung als auch in der GDCh-Broschüre „HighChem hautnah – Aktuelles aus der Wasserchemie“ vor, die zu Beginn der Tagung in Schwerin erscheint und von allen Interessierten unter pr@gdch.de zu beziehen ist.

http://www.gdch.de
http://www.gdch.de/wasser2015

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Veranstaltungsnachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer