Lebende Materialien als Stoff der Zukunft?

In Hydrogel eingekapselte Bakterienkolonien, deren Größe und Form durch die mechanischen Eigenschaften des Materials kontrolliert werden. Bild: INM

Internationale Konferenz „Engineered Living Materials“ bereitet den Weg …

Selbstbelüftende Sportbekleidung, selbstheilende Betonwände, Bio-Kunststoff, der sich nach Gebrauch auflöst, oder Implantate zur langfristigen und personalisierten Abgabe von Medikamenten in den Körper sind nur einige Beispiele für die Anwendung sogenannter „Lebender Materialien“. Der Leibniz WissenschaftsCampus „Lebende Therapeutische Materialien“ mit Sitz in Saarbrücken widmet dem Thema die viertägige internationale Konferenz „Engineered Living Materials“. Sie findet vom 4. bis 7. Mai 2021 in virtueller Form statt.

Vor gut einem Jahr, im Februar 2020, trafen sich 100 Expertinnen und Experten in Saarbrücken, um das noch junge Forschungsgebiet aus unterschiedlichsten Blickwinkeln zu beleuchten. Die Konferenz war der Startschuss für eine regen Austausch innerhalb der neuen wissenschaftlichen Community, und der Wunsch nach einer baldigen Wiederholung wurde schon vor Ort vielfach geäußert. Zwar veränderte die Corona-Pandemie die Rahmenbedingungen und ein weiteres Treffen im Saarland trat in weite Ferne. Doch dank der Möglichkeiten, die die virtuelle Welt inzwischen bietet, haben mehr als 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Einladung der Organisatoren zu einer zweiten Konferenz angenommen.

Was sind Lebende Materialien? Sie bestehen aus zwei Komponenten: aus lebenden Organismen wie Hefen oder Bakterien, die eine bestimmte Funktion erfüllen sollen und entsprechend programmiert sind, und aus einem Trägermaterial, in das die lebenden Organismen eingeschlossen werden. Die Organismen verfügen über besondere Stoffwechseleigenschaften und können verschiedenartigste Stoffe produzieren, von anorganischen Salzen über Metalloxide und Biopolymere bis hin zu hochwirksamen medizinischen Wirkstoffen. Diese Fähigkeit kann genutzt werden, um technische und medizinische Materialien mit neuartigen Funktionen herzustellen, die nicht-lebende Materialien nicht besitzen. Dazu gehören z. B. Selbstregeneration des Materials nach Beschädigung, eine flexible Anpassung an Umweltreize oder extreme Langlebigkeit.

Lebende Materialien können für eine Vielzahl von Anwendungen designt werden. So verwundert es nicht, dass die Konferenz-Sprecherinnen und -Sprecher den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen angehören: Die Bandbreite reicht von Medizin, synthetischer Biologie, Biotechnologie und Materialwissenschaften bis hin zu Cybergenetik, Informatik und Materialdesign.

„Gerade im Bereich der Lebenden Materialien ist es wichtig, dass Forschende aus unterschiedlichen Disziplinen zusammenkommen“, sagt Prof. Wilfried Weber, Universität Freiburg, als einer der Konferenzorganisatoren. „Dieses Feld lebt davon, dass neueste Entwicklungen aus den Materialwissenschaften und der Biologie innovativ miteinander kombiniert werden. Gleichzeitig müssen jedoch Anforderungen im Hinblick auf die Sicherheit und Nachhaltigkeit der neuen Materialien Eingang finden.“ Auch der Europäische Innovationsrat ist vertreten, wurden die Lebenden Materialien doch gerade erst von der EU als „Innovationstechnologie“ eingestuft.

Professorin Aránzazu del Campo, Sprecherin des Leibniz WissenschaftsCampus und Wissenschaftliche Geschäftsführerin am INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien, legt zudem Wert darauf, auch den wissenschaftlichen Nachwuchs zu Wort kommen zu lassen: „Junge, innovative Forschung braucht junge, motivierte Menschen. Daher ist es uns wichtig, dass gerade Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, ihre Arbeit vorstellen können. Damit verjüngen und verbreitern wir die Community und stoßen den Austausch zwischen den Forschergenerationen an.“

Dr. Shrikrishnan Sankaran, Koordinator des Leibniz WissenschaftsCampus und Wissenschaftler am INM, sieht großes Zukunftspotenzial: „Bisher haben wir nur an der Oberfläche dessen gekratzt, was mit Lebenden Materialien noch alles möglich ist. Obwohl das Forschungsfeld sich sehr schnell entwickelt, stehen wir sowohl in der Grundlagenforschung als auch bei den Anwendungen noch am Anfang. Den Lebenden Materialen steht eine spannende Entwicklung bevor, zu der unsere Konferenz sicher einen großen Beitrag leisten wird.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Aránzazu del Campo
Sprecherin des Leibniz WissenschaftsCampus „Lebende Therapeutische Materialien“
Wissenschaftliche Geschäftsführerin am INM – Leibniz-Institut für Neue Materialien
Tel.: +49 (0)681 9300 397
E-Mail: aranzazu.delcampo@leibniz-inm.de

Weitere Informationen:

http://www.livingmaterials2021.de

www.leibniz-inm.de

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Christine Hartmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
INM - Leibniz-Institut für Neue Materialien gGmbH

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