Gemeinsam gegen tödliches Marburg-Virus

Prof. Dr. César Muñoz-Fontela
©BNITM | Dino Schachten

Internationales Forschungskonsortium erhält hochdotierte Horizon Europe Förderung für die Entwicklung von Impfstoffen gegen Marburg-Viren.

Das multidisziplinäre europäische Konsortium MARVAX erhält in den nächsten vier Jahren 7,4 Millionen Euro für die Erforschung und Entwicklung von Impfstoffen gegen Marburg-Viren. Forschende aus Frankreich, Spanien und Deutschland werden neuartige Impfstoffkandidaten entwickeln, die in präklinischen Tiermodellen getestet und bis zu klinischen Studien der Phase I gebracht werden sollen. Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) übernimmt die Koordination. Zu dem Konsortium gehören auch das Institut Pasteur (Frankreich), das Nationale Zentrum für Biotechnologie des Spanischen Nationalen Forschungsrats (CNB-CSIC, Spanien) und CZ Vaccines (Zendal-Gruppe, Spanien).

Das Marburg-Virus ist einer der gefährlichsten Krankheitserreger für den Menschen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt die Sterblichkeitsrate zwischen 24 % und 88 %, je nach Virusstamm und Qualität der medizinischen Versorgung. Wie das Ebola-Virus ist es ein RNA-Virus aus der Familie der Filoviren.

Die ersten Fälle der Marburg-Virus-Krankheit wurden im Jahr 1967 dokumentiert. Seitdem gab es mehrere Ausbrüche im östlichen, zentralen und südlichen Afrika. Im Jahr 2021 trat das Virus zum ersten Mal in Westafrika und in diesem Jahr in Tansania und Äquatorialguinea auf. Bei der Marburg-Virus-Krankheit handelt es sich um eine Zoonose, da die Erstübertragung in der Regel durch Tiere erfolgt: Die natürlichen Wirte dieses Virus sind vermutlich Flughunde. Das Marburg-Virus wird von Mensch zu Mensch durch Körperflüssigkeiten, möglicherweise auch durch Sperma, übertragen.

Bislang nur unterstützende Behandlung

Bislang gibt es keine wirksamen antiviralen Medikamente oder Impfstoffe, und die Marburg-Virus-Krankheit kann nur unterstützend behandelt werden. Daher verursacht jede Epidemie unzumutbares Leid in den betroffenen Ländern und birgt das Potenzial, das Virus weiter zu verbreiten. Deshalb ist die Entwicklung von Behandlungen oder Impfstoffen dringend erforderlich.

Innovative Impfstoffentwicklung und präklinische Testpipeline

Zwei Impfstoffe gegen Marburg-Viren befinden sich derzeit in der Phase I der klinischen Prüfung. Sie richten sich jedoch nur gegen ein einziges Antigen des Virus. Dies könnte ihre Schutzwirkung beeinträchtigen. Um neue Strategien zu erforschen, wird das MARVAX-Konsortium daher neue Impfstoffkandidaten entwickeln, die auf zwei verschiedenen viralen Vektoren basieren, die mehrere Marburg-Virus-Antigene exprimieren. Es wird erwartet, dass beide kombinierten Ansätze die Immunogenität und die Schutzwirkung der Impfstoffkandidaten maximieren.

Vor allem aber bündelt das MARVAX-Konsortium seine Kräfte mit Expert:innen aus den Bereichen Impfstoffentwicklung und -herstellung, Virologie und Immunologie, um deutlich über bisherige Forschungsansätze hinauszugehen. Die neuartigen Impfstoffkandidaten gegen Marburg-Viren werden vom Nationalen Zentrum für Biotechnologie des CSIC (CNB-CSIC) und dem Institut Pasteur entwickelt. Ihre Immunogenität und Wirksamkeit werden in enger Zusammenarbeit von BNITM, CNB-CSIC und Institut Pasteur in Tiermodellen untersucht. CZ vaccines wird das Herstellungsverfahren entwickeln und klinische Chargen der besten Impfstoffe produzieren, die für künftige klinische Studien der Phase I bereit sind.

„Ich freue mich sehr, dass wir die Europäische Kommission mit unserem Studienkonzept überzeugen konnten“, sagt Prof. César Muñoz-Fontela, Leiter der Forschungsgruppe Virusimmunologie am BNITM und MARVAX-Projektkoordinator. “Marburg-Virus-Ausbrüche werden immer häufiger, und immer mehr Länder sind betroffen. Wir müssen endlich wirksame Impfstoffe entwickeln, um Ausbrüche wie bei Ebola mit Hilfe von Ringimpfungen frühzeitig einzudämmen und das Sterben zu beenden!”

Die Studienplattform MARVAX erhält in den kommenden vier Jahren einen Zuschuss von 7,4 Millionen Euro aus dem Europäischen Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (Horizon Europe). Zum MARVAX-Konsortium gehören das Institut Pasteur (Frankreich), der spanische Nationale Forschungsrat (Spanien), das BNITM (Deutschland) und CZ Vaccines (Spanien). MARVAX wird seine Plattformstudien in enger Zusammenarbeit mit der WHO durchführen. Dies soll auch sicherstellen, dass bei erneuten Marburg-Virus-Ausbrüchen schnell reagiert werden kann.

Über das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM)

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM) ist Deutschlands größte Einrichtung für Forschung, Versorgung und Lehre auf dem Gebiet tropentypischer und neu auftretender Infektionskrankheiten. Seit jeher werden BNITM-Forschungsschwerpunkte unter dem Aspekt der Globalen Gesundheit / One Health betrachtet sowie unter dem Aspekt der Translation – des Transfers von Grundlagenforschung in die Anwendung. Dieser Forschungsansatz spiegelt sich auch in den fünf Sektionen des Instituts wider: Pathogen (Erreger) -> Interface (Immunologie, Wirt/Erreger) -> Patient (Klinik) -> Population (Epidemiologie) -> Implementation (erfolgreiche Etablierung des Wissens).

Aktuelle thematische Schwerpunkte bilden Malaria, hämorrhagische Fieberviren, vernachlässigte Tropenerkrankungen (NTDs), Immunologie, Epidemiologie und die Klinik tropischer Infektionen sowie die Mechanismen der Übertragung von Viren durch Stechmücken. Für den Umgang mit hochpathogenen Viren und infizierten Insekten verfügt das Institut über Laboratorien der höchsten biologischen Sicherheitsstufe (BSL4) und ein Sicherheits-Insektarium (BSL3). Die mobilen Laboratorien des BNITM stehen für die globale Ausbruchsbekämpfung hochpathogener oder hochinfektiöser Viren bereit.

Das BNITM ist Nationales Referenzzentrum für den Nachweis aller tropischen Infektionserreger und WHO-Kooperationszentrum für Arboviren und hämorrhagische Fieberviren und ist ein Institut in der Leibniz-Gemeinschaft.

Gemeinsam mit dem ghanaischen Gesundheitsministerium und der Universität von Kumasi betreibt das BNITM ein modernes Forschungs- und Ausbildungszentrum im westafrikanischen Regenwald, das auch externen Arbeitsgruppen zur Verfügung steht. Darüber hinaus pflegt das Institut zahlreiche weitere Kooperationen unter anderem in anderen afrikanischen Ländern wie in Gabun, Nigeria, Tansania und Madagaskar.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. César Muñoz-Fontela
Leitung AG Virus-Immunologie
Telefon : +49 40 285380-548
Fax : +49 40 285380-512
E-Mail : munoz-fontela@bnitm.de

https://www.bnitm.de/aktuelles/news/eu-foerderung-fuer-impfstoffentwicklung-gegen-marburg-viren

Media Contact

Julia Rauner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer