Zum nächsten Level der „markierungsfreien Mikroskopie“

Konzeptionelle Illustration von “Beyond the Visible“: Das Mikroskop liefert kennzeichnungsfreie, chemisch spezifische Bilder mit räumlicher Auflösung unter 100nm.
© Hanieh Fattahi

Dr. Hanieh Fattahi vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL) freut sich über den renommierten ERC Consolidator Grant und erhält rund zwei Millionen Euro Fördergelder für einen Zeitraum von fünf Jahren. Die Leiterin der Forschungsgruppe “Femtosekunden Feldoskopie” wird mit ihrem Forschungsvorhaben „Beyond the visible“ die nächste Generation der lasergesteuerten biologischen Mikroskopie vorantreiben. Mit diesen neuartigen Mikroskopen können Wissenschaftler*innen durch den „Molekularen Fingerabdruck“ nicht-invasiv und in hoher Auflösung die Prozesse des Lebens direkt erforschen.

Dr. Hanieh Fattahi, Leiterin der Forschungsgruppe ›Femtosekunden Feldoskopie‹ am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts
Dr. Hanieh Fattahi, Leiterin der Forschungsgruppe ›Femtosekunden Feldoskopie‹ am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts. © Stefan Spangenberg

Der mit bis zu zwei Millionen Euro dotierte Consolidator Grant soll Wissenschaftler*innen in Europa bei ihrer innovativen Forschung unterstützen – aus über 2.000 Forscher*innen hat der Europäische Forschungsrat 308 exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ausgewählt. Der Consolidator Grant geht an Forschende, die einer vielversprechenden wissenschaftlichen Karriere entgegensehen. Fattahi erhält den Grant im Rahmen der ERC Consolidator-Ausschreibung 2023.

Detailliertere Einblicke in biologische Feinstrukturen und die Dynamik von Makromolekülen sind für Forscher*innen unverzichtbar, um die Prozesse des Lebens noch besser zu verstehen. Die Wissenschaft bedient sich bereits einer Vielzahl super-auflösender bildgebender Verfahren. Es bleibt aber die Herausforderung, dabei nicht in lebende Systeme einzugreifen, wie es beispielsweise bei einer Markierung mit Farbstoff der Fall ist, und durch diesen Eingriff Prozesse zu manipulieren. Hier setzt das Forschungsvorhaben des Teams um Fattahi an. Mit dem Projekt „Beyond the Visible“ soll eine neue Generation in der lasergesteuerten biologischen Mikroskopie entwickelt werden, die einen dramatischen Sprung in Bezug auf Empfindlichkeit, Dynamik, räumliche Auflösung und auch Nichtinvasivität liefert.

Konzeptionelle Illustration von “Beyond the Visible“: Das Mikroskop liefert kennzeichnungsfreie, chemisch spezifische Bilder mit räumlicher Auflösung unter 100nm.
Konzeptionelle Illustration von “Beyond the Visible“: Das Mikroskop liefert kennzeichnungsfreie, chemisch spezifische Bilder mit räumlicher Auflösung unter 100nm. © Hanieh Fattahi

Fattahis Team setzt eine sehr junge optische Methode ein, die Femtosekunden-Feldoskopie, die auf einem neuartigen Umgebungsluft-Felddetektor basiert. In Kombination mit Raman-Mikroskopie wird sie genutzt, um chemische Zusammensetzungen auf sanfte Weise nicht-invasiv und markierungsfrei darzustellen. Die Forscher generieren den sogenannten „molekularen Fingerabdruck“ der Probe und ermitteln ihn über die Feldoskopie. Fattahis Methode stellt eine kohärente, realisierbare Bildgebungstechnik dar, die mit einer räumlichen Auflösung von weniger als 0,5 µm neue Horizonte für grundlegende Studien in der Wissenschaft eröffnet, um über das Sichtbare hinaus zu sehen.

Beyond the Visible

Konkret werden durch den Einsatz heller, ultrabreitbandiger Laserpulse im Femtosekundenbereich bei Petahertz-Frequenzen Raman-Molekülschwingungen kohärent und effizient angeregt. Die zeitliche Begrenzung der Anregungspulse auf wenige Femtosekunden ermöglicht eine temporäre Filterung der molekularen Reaktion und damit ein hohes Signal-Rausch-Verhältnis und eine hohe Nachweisempfindlichkeit. Derselbe Laser liefert optische Pulse mit ultrakurzer Dauer, um direkt auf die Feldschwingungen der emittierten Raman-Molekülantwort zuzugreifen und diese zu detektieren.

Diese neuartige Detektionsmetrologie ermöglicht die gleichzeitige und breitbandige Detektion des gesamten molekularen Fingerabdrucks und diesen mit einem hohen Dynamikbereich und einer Empfindlichkeit bis hin zum Quantenschrotrauschen. Am wichtigsten ist, dass aufgrund der Nahfeldabbildung in diesem Schema superauflösende, chemisch empfindliche Bilder erstellt werden können, ohne dass Moleküle markiert werden müssen oder strukturiertes Licht verwendet werden muss. „Die fortschrittliche Nahinfrarot-Femtosekundenquelle in Kombination mit der neuartigen Felddetektionstechnologie wird es zum ersten Mal ermöglichen, den kompletten Fingerabdruck komplexer biologischer Moleküle nicht-invasiv zu erfassen, um super-auflösende Bilder mit zeitlicher Auflösung im Attosekundenbereich zu erstellen“, so Fattahi. „Diese Technik verspricht, die bisher gezeigten Methoden in Bezug auf Nachweisempfindlichkeit und Dynamik deutlich zu übertreffen.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Hanieh Fattahi / Research group leader ›Femtosecond Fieldoscopy‹
at the Max Planck Institute for the Science of Light, Erlangen.
www.mpl.mpg.de / hanieh.fattahi@mpl.mpg.de

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