Die Hochschulen – Unternehmen Zukunft?


VolkswagenStiftung und Universität Bremen veranstalten Workshop zur Hochschulreform am 6. und 7. November in Bremen

Dass sich an den deutschen Hochschulen vieles ändern muss und wird, darüber besteht mittlerweile Konsens. Mehr denn je sind sie aufgefordert, als Zukunftswerkstätten der Wissensgesellschaft zu agieren. Sie erreichen dieses Ziel jedoch nur, wenn sie in ihren Entscheidungsstrukturen leistungsfähiger werden und eigenverantwortlicher handeln (können). Unterstützung in ihren Reformbemühungen erhalten sie von der VolkswagenStiftung: „Leistungsfähigkeit ist dabei das Ziel, Eigenverantwortung der Weg“, bringt es Dr. Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, auf den Punkt. Dabei geht es ganz konkret um die Veränderung der universitären Wirklichkeit, weniger um theoretischen Erkenntniszuwachs. Letztlich muss es den Hochschulen besser als bisher gelingen, den an sie gestellten Anforderungen in Forschung, Lehre, Ausbildung und Wissenstransfer gerecht zu werden.

Am 6. und 7. November 2000 findet an der Universität Bremen der nunmehr fünfte von der VolkswagenStiftung ausgerichtete Workshop zum Thema „Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung“ statt, bei dem die zehn in dem Programm geförderten Hochschulen (näheres dazu auf den folgenden Seiten) den Stand ihrer Reformbemühungen präsentieren. Rund 23 Millionen Mark wurden den beteiligten Institutionen von der VolkswagenStiftung bislang zur Verfügung gestellt, damit ist diese Initiative das größte nicht-staatlich finanzierte Programm zur Universitätsreform in Deutschland.

Schwerpunktthemen sind diesmal das „Verhältnis Staat – Hochschule“ sowie „Organisations- und Personalentwicklung“; die beteiligten Institutionen werden dazu ihre Ideen und Konzepte vorstellen. Der Workshop beginnt mit einem Beitrag von Dr. Dr. h. c. Jürgen Lüthje, Präsident der Universität Hamburg, über „Das Verhältnis Staat – Hochschule im Wandel“.
Interessierte Journalistinnen und Journalisten sind herzlich eingeladen, an dem Eröffnungsvortrag am 6. November um 11.00 Uhr im Conference Center Universum, Wiener Straße 2 in Bremen, teilzunehmen. Im Anschluss daran stehen einzelne Referenten für Detailfragen zum Reformprogramm zur Verfügung.

Die von der VolkswagenStiftung vorangetriebenen Reformbemühungen wurden inzwischen mehrfach dokumentiert. Bereits in einer ersten, Ende 1998 veröffentlichten Broschüre sind das Programm und die seinerzeit acht
geförderten Projekte dargestellt. Im Oktober 1999 veranstaltete die VolkswagenStiftung gemeinsam mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft ein Symposium „Reformuniversitäten – Leistungsfähigkeit durch
Eigenverantwortung“. Dort wurde den beteiligten Hochschulen ein weiteres Forum für ihre Ideen gegeben. Die Ergebnisse der Tagung sind ebenfalls in einem Sammelband dokumentiert, der jetzt erschienen ist.

Die beiden Bände zu den Hochschulreformprojekten können im Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der VolkswagenStiftung unter Telefon 0511/83 81 – 3 81 angefordert werden. Weitere Auskünfte zum Programm „Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung“ gibt der zuständige Referent der Stiftung, Dr. Marcus Beiner.


Die vorliegenden Erfahrungen zeigen, dass es kein allgemein gültiges Modell zur konkreten Verbesserung der universitären Leitungs- und Entscheidungsstrukturen gibt, sondern dass die spezifischen Ausgangs- und Rahmenbedingungen der einzelnen Hochschulen berücksichtigt und in der Folge jeweils angemessene und individuell zugeschnittene Initiativen ergriffen werden müssen. Jede der zehn von der VolkswagenStiftung geförderten Hochschulen ist daher als ein interessantes Reformmodell mit Relevanz für andere vergleichbare Einrichtungen zu sehen – frei nach dem Motto: Viele Wege führen nach Rom …


Die einzelnen Reformprojekte der zehn geförderten Hochschulen unterscheiden sich deutlich: Sie reichen von Zielvereinbarungen als neues Managementinstrument über die dezentrale Verantwortung von Ressourcen und Entscheidungen bis zur integrierten Organisations- und Personalentwicklung. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Initiativen:

Die Universität Bremen (2,5 Millionen Mark) entwickelt und erprobt im Zuge eines so genannten Kontrakt- und Qualitätsmanagements unter anderem neue Formen der Kompetenzverteilung und der Dezentralisierung von Entscheidungsabläufen; dazu gehören Einführung und Aufbau eines qualitätsbasierten Budgetierungssystems, eine Umstellung des Haushalts- und Wirtschaftsplans der Universität sowie ein Berichtswesen und Führungsinformationssystem. Angestrebt werden zudem weit reichende Veränderungen im Verhältnis der Universität gegenüber dem Staat.

Die Technische Universität Clausthal (390.000 Mark) hat im Rahmen ihres inzwischen bereits abgeschlossenen Projekts eine Neustrukturierung der Fachbereiche und deren Zusammenschluss zu wenigen großen Einheiten auf den Weg gebracht. Vorgesehen war, die beiden bestehenden Fakultäten aufzuheben und danach in einem weiteren Schritt auch die Fachbereiche abzuschaffen. Darüber hinaus ging es darum die Entscheidungsabläufe zu verschlanken und zu verkürzen, Kompetenzen möglichst zu dezentralisieren.

Die Universität Hamburg (fünf Millionen Mark) strebt auf der Grundlage einer eingehenden Schwachstellenanalyse Veränderungen auf allen Ebenen an. Kompetenzen sollen vorrangig der Organisationsebene zugeordnet werden, die die jeweiligen Aufgaben zu erfüllen hat. Die übergeordnete Systemsteuerung will man vor allem durch Zielvereinbarungen,
globale Budgetierung, Informations- und Ergebniskontrolle sicherstellen.

Ziel der Universität Heidelberg (fünf Millionen Mark) ist es, die Ressourcenverantwortung weit gehend auf die Institutsebene zu verlagern, die Entscheidungssysteme zu vereinfachen und damit dem Rektorat und dem Verwaltungsrat mehr Raum zu geben für die grundlegenden langfristigen Strukturentscheidungen und die notwendigen Erfolgskontrollen.

Das Vorhaben der Universität/Gesamthochschule Kassel (3,5 Millionen Mark) zielt über eine Analyse der Zusammenhänge von Entscheidungs- und Handlungsabläufen zwischen den universitären Ebenen auf die Stärkung der „Arbeitseinheiten“ der dritten Ebene. Dienstleistungsfunktionen für Lehre und Forschung sollen optimiert, die Universitätsstrukturen insgesamt verbessert werden.

Die Humboldt-Universität zu Berlin erhielt 1,5 Millionen Mark für die Verbesserung ihres Leistungs- und
Entscheidungssystems auf der Ebene der Universitätsspitze und der Fakultäten/Institute unter Einbeziehung der Selbstverwaltungsgremien.

Die Freie Universität Berlin nutzt die bewilligten 1,2 Millionen Mark zu dem Zweck, über eine Analyse des Ist-Zustands Steuerungsmodelle zu entwickeln, nach denen die Verteilung hochschulintern verfügbarer Mittel leistungsbezogen und differenziert erfolgen kann.

Der Universität Dortmund (1,5 Millionen Mark) geht es bei ihrem Projekt darum, die Leistungsfähigkeit durch Abbau von geschlechterdifferenten Strukturen zu erhöhen. Das heißt: Es sollen die verfügbaren Steuerungsinstrumente genutzt – oder überhaupt erst entwickelt – werden mit dem Ziel, vorhandene Ressourcen und soziale Kompetenzen von Frauen verstärkt einzubeziehen und zu fördern. Vorgesehen sind dazu Erhebungen und Initiativen in ausgewählten Fachbereichen und Fakultäten sowie in zentralen Einheiten der Hochschule. Anschließend soll eine entsprechende Verankerung in den universitären Strukturen erfolgen.

Für die Universität Mannheim (700.000 Mark) stehen im Zentrum des gesamtuniversitären Reformprozesses eine erfolgreiche Personalentwicklung und Weiterbildung. Die Universität begreift sich hier als „lernende“ Institution, deren Mitarbeiter aktiv und eigenverantwortlich neuen Herausforderungen entgegentreten sollen. Durch entsprechende Personalentwicklungskonzepte, die den Mitarbeitern der Hochschule adäquate Werkzeuge und Möglichkeiten für eigenverantwortliches Handeln an die Hand geben, können in der Folge auch Leistungspotenziale besser ausgeschöpft werden. Eine erfolgreiche Organisationsentwicklung – so die Leitthese des Projekts – erfordert vor allem eine erfolgreiche Personalentwicklung.

An der Universität Göttingen (zwei Millionen Mark) soll der Reformprozess auf dreierlei Art in Gang gebracht erden. Zum einen wird für ausgewählte Fakultäten jeweils ein „Reformrat“ gebildet, der den Status quo erfasst, die Situation analysiert und Reformideen vor dem Hintergrund strategischer Ziele der Universität entwickelt. Diese kleinen „Denkfabriken“ versorgen ihre Fakultät dann mit entsprechenden Konzepten. Des Weiteren begleitet ein sechsköpfiger „externer Sachverständigenrat“ die konzeptionelle Arbeit der Fakultätsreformräte. Diese unabhängige Instanz soll sicherstellen, dass die Initiativen der einzelnen Fächer an das gesamtuniversitäre Interesse angebunden bleiben und die jeweiligen Konzepte mit den Standards der nationalen und internationalen Reformdebatte kompatibel sind. Mit dem Einsatz so genannter Fakultätsentwickler (FEPs) kommt ein weiteres Reformelement ins Spiel. Deren Aufgabe ist es, die Defizite konkret und praktisch anzugehen und für die Umsetzung der Reformideen Sorge zu tragen. Das Vorhaben erstreckt sich in der Pilotphase auf die Juristische Fakultät, die Sozialwissenschaftliche Fakultät, die Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie, die Wirtschaftswissen-
schaftliche Fakultät sowie die Fakultät für Physik. Über eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit sollen die Ideen vor allem hochschulintern verstärkt kommuniziert werden.

Media Contact

Dipl.Biol. Dipl.Journ. Christian Jung idw

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