Neues Laserinduzierte Spannungs-Trennverfahren (LiST) für Glas

Es dient der Displaytechnik, wird als Windschutzscheibe ins Auto und als Fenster in Gebäude eingebaut oder schmückt den Couchtisch im Wohnzimmer: 2,1 Millionen Tonnen Flachglas werden jedes Jahr in Deutschland hergestellt. Was Zeit und Geld kostet, ist das Glas zurecht zu schneiden. Dafür entwickelt ein Industrieverbund zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg derzeit ein neues Verfahren: Laser zeichnen die Kontur ins Glas, das Glas reißt, die Kanten müssen nicht nachbearbeitet werden. 2004 sollen die ersten Maschinen in die industrielle Anwendung gehen.

Beim heute gängigen Glastrennverfahren wird die Kontur mit einem Schneidrad ins Glas geritzt und die Scheibe entlang der Ritze gebrochen, anschließend müssen die Bruchkanten mit hohem Aufwand nachbearbeitet werden. „Es bilden sich Risse, manchmal bricht zuviel ab und es entstehen Ausmuschelungen,“ erläutert IWM-Projektleiter Horst Kordisch die Nachteile des bisherigen Verfahrens. Es dauere, bis die Kanten glatt geschliffen sind. Bleibe nur ein kleiner Riss zurück, könne der sich später, etwa bei hohen Temperaturen, ausbreiten und das Produkt unbrauchbar machen. Hinzu kämen die hohen Entsorgungskosten des Glasstaubs der als Sondermüll behandelt werden muss.

Seit 2001 arbeiten die IWM-Forscher nun gemeinsam mit den Maschinenbauunternehmen Hegla, Beverungen, dem Torgauer Maschinenbau nahe Leipzig und Grenzebach, Asbach, sowie dem Laserhersteller Feha, Halle/Saale und dem Steuerungstechnikunternehmen Eckelmann, Wiesbaden, daran, das Flachglas mit einem Laser in Form zu bringen. Das Bundesforschungsministerium fördert die Verfahrensentwicklung mit insgesamt 1,7 Millionen Euro. Die ganze Branche, rund 100 Hersteller und Vertreiber von Glasmaschinen in Deutschland mit 4000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 600 Millionen Euro im Jahr, soll davon profitieren.

Das laserinduzierte Spannungs-Trennverfahren (LiST) macht sich die Temperaturempfindlichkeit des Glases zunutze. „Mit dem Laser lässt sich ganz gezielt eine bestimmte Temperatur an einem bestimmten Punkt erzeugen“, beschreibt Horst Kordisch die Grundidee. Der Laser zieht eine Linie in der gewünschten Kontur auf dem Glas. Das wird schnell abgekühlt und reißt – „genau da, wo es soll, sauber und glatt“.

Erste Trennversuche mit Prototypen waren bereits erfolgreich. Dazu haben die IWM-Mitarbeiter zwei marktgängige Glasmaschinen umgerüstet – mit Scanner und Glasvorschub, viel Steuerungstechnik und mit unterschiedlichen Lasern für unterschiedliche Gläser. „Wir setzen CO2-Laser und Diodenlaser ein. Wir brauchen Licht unterschiedlicher Wellenlänge, denn die Gläser absorbieren je nach Struktur, Farbe und Zusammensetzung unterschiedlich“, erläutert Horst Kordisch.

Wer ihm zuhört, ahnt, dass die Verfahrensentwicklung das Eine, die industrielle Anwendung etwas ganz Anderes ist. „Wir müssen noch um einiges schneller werden“, beschreibt Kordisch die Vorgabe der Partner. Dennoch: Die Konzepte für industrietaugliche Demonstratoren werden zur Zeit von den Industriepartnern geprüft, im Herbst sollen die ersten Maschinen gebaut und Anfang 2004 in der produktionstechnischen Anwendung getestet werden. Im Herbst nächsten Jahres sollen voll einsatztaugliche Maschinen zur Verfügung stehen.

Damit, meint Horst Kordisch, sei die Arbeit am laserinduzierten Glastrennverfahren für die Fraunhofer-Mitarbeiter aber noch lange nicht zu Ende. Es habe sich herausgestellt, dass es eine Universalmaschine auch mit der Lasertechnik nicht geben wird. Viele Glasmaschinenhersteller würden vermutlich speziell auf ihren Markt und ihre Kunden abgestimmte Maschinen entwickeln. „Und dabei unterstützen wir sie“, sagt Fraunhofer-Mitarbeiter Kordisch. Schon jetzt laufen die ersten Spezialentwicklungen an.

Media Contact

Thomas Götz idw

Weitere Informationen:

http://www.iwm.fraunhofer.de

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