Was ist und wie funktioniert praktische Normativität?

Was bedeutet es, wenn wir sagen, dass jemand etwas tun oder lassen sollte? Was genau meinen wir, wenn wir behaupten, jemand habe einen Grund, eine bestimmte Handlung auszuführen oder zu unterlassen? Wie lässt sich so ein Grund bestimmen? Was in der Welt ist es, das den Handlungsdruck erzeugt, der meist mit dem Begriff des praktischen Sollens verbundenen ist, was macht den Handlungsdruck selbst aus, sind Sollens-Sätze wahr oder falsch und – wenn ja – wodurch sind sie es?

Bei einer internationalen Fachtagung zum Thema „Moderne Theorien praktischer Normativität. Zur Wirklichkeit und Wirkungsweise des praktischen Sollens“ werden vom 24. bis 26 Juni einige der bedeutendsten Protagonisten dieser Debatte aus dem deutschsprachigen Raum zusammenkommen, um sich über die Frage auszutauschen: Was ist und wie funktioniert praktische Normativität?

„Die Frage nach dem Wesen praktischer Gründe im Allgemeinen und moralischer Gründe im Besonderen ist in der gegenwärtigen, sowohl innerphilosophisch als auch interdisziplinär geführten Diskussion höchst umstritten“, erklärt Frank Brosow, Organisator der Tagung am Philosophischen Seminar der Universität Mainz. Die Debatte zwischen Realisten und Antirealisten betrifft die Frage, ob bzw. inwiefern es so etwas wie normative Tatsachen gibt. Wäre dies der Fall, so ließe sich eine normative Überzeugung analog zu Überzeugungen anderer Art als wahr bzw. falsch erweisen, indem man sie mit diesen Tatsachen vergleicht. Zwischen Kognitivisten und Nonkognitivisten herrscht Uneinigkeit darüber, welchen Status normative Urteile haben. Sind normative Urteile nichts weiter als ein Ausdruck subjektiver Emotionen? Kann man überhaupt sinnvoll über sie diskutieren? Gibt es Antworten auf normative Fragen, die Anspruch auf intersubjektive Gültigkeit erheben können? Internalisten und Externalisten schließlich diskutieren über die Frage, inwiefern Gründe notwendigerweise als etwas verstanden werden müssen, das zu Handlungen motivieren kann. Kann ein Akteur einen (externen) Grund haben, etwas zu tun, ohne gleichzeitig auch ein (internes) Motiv dazu zu haben?

Da die Antworten auf diese Frage in hohem Maße von der philosophischen Tradition abhängen, der sich die Diskussionsteilnehmer verpflichtet fühlen, wird die Tagung diese verschiedenen Perspektiven widerspiegeln. „Gerade weil die vorgestellten Positionen so vielfältig sind, will die Tagung als Impulsgeber für die Entwicklung neuer Fragestellungen und für die Suche nach innovativen Argumentationsstrategien im Bereich der praktischen Normativität dienen“, erläutert Raja Rosenhagen vom Institut für Philosophie der Universität Rostock, der die Tagung mit organisiert.

Die Veranstaltung wird am Donnerstag, 24. Juni um 13:15 Uhr beginnen und am Samstag, 26. Juni gegen 14:00 Uhr beendet sein. Neben etablierten Experten werden in einem gesonderten Segment am Freitagnachmittag auch einige Nachwuchswissenschaftler die Gelegenheit erhalten, ihre Forschungsergebnisse dem interessierten Fachpublikum vorzustellen. Die Fachtagung wird unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Kant-Forschungsstelle sowie dem Philosophischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Weitere Informationen:
Frank Brosow
Philosophisches Seminar
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-22544
E-Mail: brosow@uni-mainz.de

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Petra Giegerich idw

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