114. Internistenkongress: Stichtagsregelung zum Stammzellgesetz behindert Forschung

Stammzellgesetz in Deutschland – Stichtagsregelung behindert Forschung

Forschungserfolge mit Stammzellen von Erwachsenen können die wissenschaftliche Arbeit an menschlichen embryonalen Stammzellen bislang nicht ersetzen. Experten der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) diskutieren daher eine Novellierung des derzeit gültigen Stammzellgesetzes in Deutschland. Im Rahmen des 114. Internistenkongresses in Wiesbaden erörtern sie, welche gesetzlichen Änderungen notwendig sind, um deutschen Wissenschaftlern eine international konkurrenzfähige Forschung zu ermöglichen.

Nach der geltenden „Stichtagsregelung“ dürfen Forscher in Deutschland nur Stammzelllinien verwenden, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland entstanden sind. Diese Zellen sind inzwischen jedoch verunreinigt. Um die Mitarbeit in internationalen Kooperationsprojekten zu ermöglichen, fordern deutsche Wissenschaftler eine Novellierung dieser strengen gesetzlichen Regelungen. Sie empfehlen, in Deutschland die Stammzelllinien zuzulassen, mit denen Forscher im Ausland arbeiten dürfen.

Stammzellen von Embryonen sind in der Lage, sich in die verschiedensten Zellen des Körpers zu entwickeln. „Auch die jüngsten Forschungserfolge amerikanischer und japanischer Wissenschaftler zur Untersuchung von Hautzellen ändern nichts an dem Bedarf an neuen humanen embryonalen Stammzelllinien“, sagt Professor Dr. Jörg Hacker, ehemaliger Direktor des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie an der Universität Würzburg und neuer Präsident des Robert Koch Instituts im Vorfeld des 114. Internistenkongresses in Wiesbaden. Forschern war es gelungen, menschliche Hautzellen so umzuprogrammieren, dass sie die Eigenschaften embryonaler Stammzellen annahmen. „Die Ergebnisse lassen zwar darauf hoffen, dass eines Tages bei der patientenspezifischen Therapie weniger oder gar keine embryonalen Stammzellen notwendig sind“, erläutert Professor Hacker. „Dennoch müssen diese neuen Zellen zunächst charakterisiert werden.“ Um ihre Eigenschaften etwa mit denen humaner embryonaler Stammzellen vergleichen zu können, bräuchte man diese zum Vergleich. „Der jüngste Durchbruch bei der Re-Programmierung einer Körperzelle war nur auf Basis der Embryonal-Stammzellforschung möglich“ betont Professor Dr. med. Anthony D. Ho, Hämatologe und Direktor der Medizinischen Klinik V der Universität Heidelberg.

Weltweit gibt es mehr als 500 Stammzelllinien. „Um den Anschluss an die internationale Forschung nicht zu verlieren, müssen Wissenschaftler in Deutschland auf vorhandene Stammzelllinien im Ausland zurückgreifen dürfen“, betont Professor Dr. med. Georg Ertl, Vorsitzender der DGIM aus Würzburg. Denn derzeit dürfen hierzulande nur 21 Zelllinien verwendet werden. Diese sind für die nötigen Vergleichsexperimente jedoch kaum nutzbar. „Darüber hinaus sind Erfolge mit adulten Stammzellen für die Behandlung nach Herzinfarkt keineswegs ausreichend in Langzeitstudien klinisch belegt, so dass auch hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht und man nicht genau absieht, in welche Richtung sich die Forschung entwickeln wird“. Hierauf legt Herzspezialist Ertl besonderen Wert und thematisiert als Kongresspräsident deshalb die Stammzellforschung für den 114. Internistenkongress Ende März in Wiesbaden.

„Der Streit um Stammzellforschung und Ihre Folgen hat unsere Gesellschaft polarisiert“, sagt Professor Dr. med. Anthony D. Ho – ebenfalls Referent auf dem 114. Internistenkongress. Derzeit debattiert der Bundestag, ob und wie das gültige Stammzellgesetz sich ändern sollte. Mit einer Entscheidung wird am 11. April 2008 gerechnet. Auf dem 114. Internistenkongress diskutieren führende Experten bei einem Rundtischgespräch und einer Pressekonferenz über die Stichtagsregelung und kommentieren das neue Gesetz.

TERMINHINWEIS:

Montag, 31. März 2008, 13.00 bis 14.00 Uhr
Mittagspressekonferenz der DGIM
Eines der Themen: Die Stammzelldebatte
Referent: Professor J. Hacker, Berlin
Rhein-Main-Hallen, Saal 12D
Kontakt für Journalisten:
DGIM Pressestelle
Anna Julia Voormann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-552
FAX: 0711 8931-167
voormann@medizinkommunikation.org
Pressebüro vor Ort (29. März bis 2. April 2008):
Rhein-Main-Hallen
Saal 12 A, (im OG über dem Foyer)
Telefon: 0611 144739
FAX: 0611 122740

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