Neue Forschungsgruppe "Zahnmedizinische Biotechnologie":Der Zahn(ersatz) der Zeit

Operation gelungen: ein eingeheiltes Implantat. Foto: Jörg R. Strub, Universität Freiburg

Zahnersatz zu optimieren, ist das Ziel der neuen interdisziplinären Forschungsgruppe „Zahnmedizinische Biotechnologie“. Wissenschaftler der Fridericiana sowie Zahnmediziner aus Karlsruhe und Freiburg beschäftigen sich in dieser Gruppe vor allem mit Zahnimplantaten und ihrer Belastung über Brücken und Prothesen.

Seit etwa drei Jahren befassen sich in zwei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekten Dr. Jürgen Lenz vom Institut für Wissenschaftliches Rechnen und Mathematische Modellbildung (IWRMM) sowie Professor Dr. Karl Schweizerhof und Qiguo Rong vom Institut für Mechanik gemeinsam mit dem Karlsruher Zahnarzt Dr. Hans Schindler und Professor Dr. Dieter Riediger vom Universitätsklinikum der RWTH Aachen mit Fragestellungen aus dem Bereich der zahnärztlichen Implantologie. „Dieses Gebiet der Prothetik hat sich in den vergangenen Jahren stürmisch entwickelt“, sagt Dr. Lenz: Nach Schätzungen werden in Deutschland pro Jahr circa 100.000 Implantate im Unter- und Oberkiefer eingesetzt. Die Forscher möchten unter anderem herausfinden, welcher implantatgetragene Zahnersatz unter realistischen Kaukräften das Knochenbett möglichst gering belastet. Dazu ist es erforderlich, neben den knöchernen Strukturen des Schädels auch die Muskulatur des Kausystems zu modellieren.

Einen weiteren Schwerpunkt des Projekts bildet die Computer-Simulation des Einheilungsprozesses des Implantats in der Knochenwunde, die beim Einsetzen verursacht wird. In diesem Modell wird in Einklang mit klinischen Beobachtungen vorausgesetzt, dass der Heilungsprozess im Wesentlichen durch eine von der unversehrten Knochenoberfläche ausgehende Versorgung mit Blutgefäßen und einem unter mechanischen Stimuli induzierten Zusammenspiel von Knochenanbau und -abbau bewerkstelligt wird. Langfristig soll das Modell dazu dienen, optimale Einheilstrategien zu entwickeln und heute noch erforderliche Tierversuche möglicherweise ersetzen zu können.

Solche Untersuchungen, sagt Dr. Lenz, „erfordern eine intensive Zusammenarbeit von Natur- und Ingenieurwissenschaften mit der Medizin“. Aus diesem Grunde hat sich eine aus Lenz, Schweizerhof und Schindler bestehende Projektgruppe mit der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde in Freiburg zusammengeschlossen. Die Freiburger Projektgruppe arbeitet – aus dem Blickwinkel der Medizin – auf verwandten Gebieten, eine Kooperation bot sich an.

Von der Kombination der bewährten Simulationstechnik der Ingenieurmechanik mit realistischen biomechanischen Modellen erwarten die Mediziner verlässliche Informationen zur Langzeit-Belastbarkeit von Kronen und Brücken sowie von Implantat-Konstruktionen. Nützlich sind dabei die Kenntnisse der Karlsruher Forscher zum Beispiel in der Materialtheorie oder dem Brückenbau. Sie sollen dazu beitragen, dass das beim Einsatz neuer Werkstoffe und Operationstechniken erhöhte Patientenrisiko vermindert wird. „Wir wissen“, sagt Professor Schweizerhof, „wie die Kräfte wirken“.

Aufgrund ihrer vielseitigen und zeitnahen Ausbildung können zudem die Ingenieurstudenten an der Fridericiana zur Lösung von Detailproblemen in Form von Vertiefer- oder Diplomarbeiten beitragen. Ihre in der Mechanik und Numerik sowie im Massiv-, Stahl- und Holzbau erworbenen Kenntnisse lassen sich, so versichert Professor Schweizerhof, „nach Einarbeitung in die medizinischen Grundlagen unmittelbar auf die in der Zahnmedizin eingesetzten Verbundkonstruktionen anwenden“.

Nähere Informationen:

Dr. Jürgen Lenz
Institut für Wissenschaftliches Rechnen und Mathematische Modellbildung
Tel. 0721/608-2613
E-Mail: Juergen.Lenz@math.uni-karlsruhe.de

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Dr. Elisabeth Zuber-Knost idw

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