Wenn Tumore und Nerven zu leuchten beginnen: Neue Perspektiven durch Fluoreszenzmarker

Mit diesem Vergleich verdeutlichte Nobelpreisträger Roger Tsien vergangene Woche die Schwierigkeit einer Operation. „Ein Tumor verändert meist den Verlauf einer Nervenbahn. Der Arzt kann nur noch raten, wie diese weiter läuft.“ Zugleich präsentierte der Zellbiologe Ansätze, die dieses Dilemma vielleicht bald lösen. Mit Hilfe von Fluoreszenzmarkern lassen sich Tumor- sowie Nervengewebe gezielt sichtbar machen.

Roger Tsien war am 26. Oktober im Rahmen der Rudolf Virchow Lecture in Würzburg zu Gast. Über 450 Gäste sahen seinem Vortrag mit Spannung entgegen. Dabei erfüllte der Referent alle Erwartungen: Er gab einen lebendigen Eindruck in seine Arbeit und die Begeisterung für seine Forschung an die Zuhörer weiter. Gekonnt spannte er einen Bogen von der synthetischen Chemie sogenannter Fluoreszenzmarker bis hin zur Anwendung dieser im lebenden Organismus. Die Anwesenden zeigten sich beeindruckt von dem Enthusiasmus und Ideenreichtum des Wissenschaftlers.

Tsien erklärte, wie mit Hilfe veränderter Proteine eine reaktive Zustandsform von Sauerstoff erzeugt werden kann. Diese kann auf molekularer Ebene als Kontrastmittel für die Mikroskopie dienen. So lässt sich der Aufenthaltsort von Proteinen in lebenden Zellen sichtbar machen und unterscheiden ob Proteine auf der Vorder- oder Rückseite einer Synapse lokalisiert sind. Hohe Relevanz hat die Technik auch bei chirurgischen Eingriffen. In einem Operations-Video zeigte Tsien, dass sich Tumorgewebe mit Hilfe von Fluoreszenzmarkern spezifisch anfärben lässt. Beleuchtet man das Geschwulst mit der passenden Lichtquelle, wird der Umriss exakt sichtbar. Der Operateur sieht den Verlauf des Tumors als leuchtendes Objekt. Er kann diesen komplett heraus schneiden und selbst kleinste Tumor-Reste entfernen. Auch das Nervengewebe lässt sich mit Fluoreszenz gezielt sichtbar machen und so vor Verletzungen bewahren.

2008 wurde Roger Tsien für die Entdeckung des so genannten grün fluoreszierenden Proteins mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Er entwickelte Varianten dieses Proteins, die geänderte Fluoreszenzspektren aufweisen. Dadurch lassen sich verschiedene Zellbestandteile getrennt beobachten, was die Zell- und Neurobiologie revolutionierte. Die Triebkraft hinter diesen enormen Entwicklungen sei seine Vorliebe als kleiner Junge für die Farbe rot gewesen, so Tsien in seinem Vortrag am Rudolf-Virchow-Zentrum. Zum Abschluss verlieh die Medizinische Fakultät der Universität Würzburg mit der Virchow-Medaille Roger Tsien ihre höchste Auszeichnung.

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Kristina Kessler idw

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