Nürnberger Therapiekonzept gegen den Schmerz im Alter ausgezeichnet

„Wenn Hilf- und Hoffnungslosigkeit gehen, kommen Schmerzlinderung und gute Stimmung fast von alleine durch die Hintertür“. So beschreibt die Erlangener Schmerztherapeutin Dr. Marion Dunkel ihre Erfahrungen mit einem Projekt, das sie zusammen mit der Fachärztin für Altersmedizin Dr. Corinna Drebenstedt an der geriatrischen Tagesklinik des Klinikums Nürnberg im April 2011 ins Leben gerufen hat: ein fachübergreifendes, interdisziplinäres Programm zur Behandlung chronischer Schmerzzustände geriatrischer Patienten.

Bei diesem vierwöchigen Komplex-Programm vermittelt ein interdisziplinäres Expertenteam den Patienten, die an verschiedenen Erkrankungen leiden, deren Hauptsymptom aber Schmerz ist, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten für einen veränderten Umgang mit ihren Schmerzen. Das Programm umfasst mehrere Bausteine: Ergo-, Physio- und Psychotherapie, Bewegungsübungen, soziale Beratung, ärztlich geleitete Schmerzschulung sowie eine internistisch-geriatrische Behandlung.

SCHMERZMEDIZINISCHE KOMPLEXTHERAPIEN FÜR ÄLTERE GIBT ES BISLANG KAUM.

„Während wir in den letzten Jahren für jüngere Schmerzpatienten solche Komplextherapien mit Unterstützung innovativer Krankenkassen etablieren und deren Erfolg und hohe Wirksamkeit beweisen konnten, sind solche Projekte für ältere Menschen bislang kaum exisitent“, erklärt Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Präsident des Deutschen Schmerz- und Palliativtages in Frankfurt, auf dem das Nürnberger Projekt am 9. März vorgestellt wurde. „Das von unserer Gesellschaft entwickelte integrierte Versorgungsprogramm Rückenschmerz (IVR) wurde von den Nürnberger Kolleginnen konsequent auf ältere Menschen angepasst und weiterentwickelt“, sagt Müller-Schwefe. Der interdisziplinäre und multimodale Ansatz des Konzeptes bewähre sich bei den älteren genau so wie bei den jüngeren Patienten. Darum stieß das Konzept aus Nürnberg bei den Fachleuten auf großes Interesse.

Die beiden Nürnberger Ärztinnen haben seit April 2011 insgesamt 22 Gruppen mit jeweils sechs Patienten im Rahmen des vierwöchigen Programmes an der Tagesklinik betreut – und gute Erfahrungen gemacht. „Wenn man geriatrische Patienten motivieren kann, gibt es viel zu gewinnen“, weiß Dunkel. „Dies ist selbst bei Patienten möglich, die kognitiv beeinträchtigt sind“, ergänzt Corinna Drebenstedt. Allerdings erfordere die Behandlung hochbetagter Menschen sehr viel ärztliches Einfühlungsvermögen. Schließlich müssen die Ärztinnen ihren Patienten das neue „Bild“ des chronischen Schmerzes vermitteln, der nicht nur körperliche, sondern auch psychische und soziale Einflussfaktoren hat. Es gilt, die Patienten zu motivieren, selbst aktiv zu werden und auch Therapien zu erproben, von denen sie sich kaum vorstellen können, dass sie eine schmerz-lindernde Wirkung haben könnten, etwa Genuß- oder Wahrnehmungstraining. „Manche stehen dem Konzept zunächst skeptisch gegenüber“, berichtet Dunkel. „Doch weicht die Skepsis schnell, wenn die Patienten ihre Schmerzen verstehen lernen und die ersten Erfolge spüren.“

Am Ende des Programms werden die Patienten getestet und befragt. Wie die beiden Ärztinnen in Frankfurt berichteten, bessern sich verschiedene Parameter. Knapp 70 Prozent der Patienten kommen danach im Alltag besser zurecht. Mehr als die Hälfte der Patienten bewertet das Programm mit der Note „sehr gut“, 38 Prozent geben die Note „gut“, fünf Prozent geben dem Programm die Note „befriedigend“.

Media Contact

Barbara Ritzert idw

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