Forßmann-Stipendium und Ludolf-Krehl-Preis für Nachwuchswissenschaftler

Nachwuchswissenschaftler Dr. Dierk Thomas erhielt das Werner-Forßmann-Nachwuchsstipendium 2003 und den Ludolf-Krehl-Preis 2002.

Warum sind Patienten, deren Herzmuskel aufgrund einer koronaren Herzkrankheit schlecht durchblutet wird, von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen bedroht, wenn sie im Stress sind? Die Ursache liegt in der Fehlfunktion winziger Kanäle, spezieller Proteine, die in der Wand der Herzzellen sitzen.

In seiner Promotionsarbeit ist es Dr. Dierk Thomas, Arzt im Praktikum der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg (Abteilung Kardiologie, Angiologie und Pulmologie, Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Hugo Katus), gelungen, die molekularen Schaltmechanismen an einem wichtigen Kanal, dem HERG-Kanal, aufzuklären.

Gleich zweimal wurden seine wegweisenden Arbeiten ausgezeichnet: Der Nachwuchswissenschaftler erhielt das mit 6.000 Euro dotierte Werner-Forßmann-Nachwuchsstipendium 2003, das von der Stiftung Kardiologie der Ruhr-Universität Bochum vergeben wird, sowie den Ludolf-Krehl-Preis 2002 der Südwestdeutschen Gesellschaft für Innere Medizin.

Die winzigen Kanäle haben eine wichtige Aufgabe: Sie lassen kleine geladene Teilchen, sogenannte „Ionen“, geregelt ein- und ausströmen. Dadurch zieht sich der Herzmuskel regelmäßig zusammen und erschlafft dann wieder. Unter den Kanälen spielt der HERG-Kanal eine herausragende Rolle für die Regeneration des Herzmuskels. Die Herzmuskelzellen werden elektrisch erregt, kontrahieren und werden danach durch den Ausstrom von Kalium aus dem HERG-Kanal in einen Ruhezustand versetzt, um Kraft für die nächste Kontraktion zu sammeln. Wird dieser Ablauf gestört, kann es zu Herzrhythmusstörungen und sogar zu Herzversagen kommen.

Stresshormone beeinflussen Ionenkanal und Erholungszeit des Herzens

Wie wird der HERG-Kanal aktiviert? Unter Stress schüttet der Körper bestimmte Signalmoleküle aus, die das Herz schneller schlagen lassen. Dabei regen sie ein zentrales Schaltermolekül im Innern der Zellen, die Proteinkinase A, an. Diese wiederum gibt das Stress-Signal an den HERG-Kanal weiter, indem sie den Kanal an entscheidenden Stellen verändert: Der Kanal wird gehemmt und der Ionenausstrom verlangsamt. Bei übermäßiger Hemmung des Kanals können sich die Herzzellen nicht mehr entspannen, und es kann zu Herzrhythmusstörungen kommen. Bei bestimmten Krankheiten werden vermehrt Stresshormone wie Kortisol oder Adrenalin ausgeschüttet und die Proteinkinase A ist besonders aktiv: Die Patienten neigen zu Herzrhythmusstörungen. Medikamente wie die Betablocker, die den Rhythmus des Herzens stabilisieren, greifen direkt oder indirekt in den entdeckten Signalweg ein, stellte Dr. Thomas fest, indem sie die Funktion des HERG-Kanals beeinflussen.

Nicht nur eine koronare Herzkrankheit, sondern auch eine angeborene Veränderung des HERG-Kanal-Proteins, das sogenannte Lange QT-Syndrom, macht für Herzrhythmusstörungen unter Stress empfänglich. Da der Ausstrom von Kaliumionen aus den Herzzellen verlangsamt ist, findet man im EKG charakteristischerweise eine ausgeprägte QT-Strecke. Der Herzmuskel bleibt zu lange erregt; unter Stress kann es deshalb zu Herzrhythmusstörungen kommen. Die genetische Veränderung ist minimal: „Diese Patienten haben eine Mutation im Kanalprotein, eine Aminosäure ist ausgetauscht“, erläutert Dr. Thomas, der zu diesem Forschungsergebnis als Gastwissenschaftler an der Case Western Reserve University in Cleveland, Ohio, wesentlich beigetragen hat.

Kaliumkanal wird durch Temperatursenkung reaktiviert

Im Laborversuch konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass das veränderte Protein bei Körpertemperatur nicht in die Wand der Versuchszellen eingebaut wird, sondern im Zellinnern stecken bleibt. Wird die Temperatur jedoch auf 26 bis 27 Grad Celsius gesenkt, verändert sich die mutierte Form des Proteins. Es wird wieder an die Zelloberfläche transportiert und zeigt nach Einbau in die Zellwand ein normales Verhalten gleich der gesunden Form des Kanals. „Zum ersten Mal wurde eine temperaturempfindliche, aber ansonsten voll funktionstüchtige Variante eines Kaliumkanals gefunden“ berichtet Dr. Thomas. Patienten mit Langem QT-Syndrom haben zu wenige HERG-Kanäle. Die Forscher hoffen nun, eine Substanz zu finden, die das veränderte Protein bei Körpertemperatur in seine richtige Form zurückfaltet.

Kontakt:

Dr. Dirk Thomas
Abteilung Kardiologie, Angiologie und Pulmologie der
Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg
Email: dthomas@ix.urz.uni-heidelberg.de
Tel: 06221 – 568476

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Dr. Annette Tuffs idw

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