Unterwasser-Stromversorgung

Kurzzeitige Belastungsspitzen auch bei langen Laufzeiten dank Wechsel zwischen zwei Betriebsmodi. (c) Wiley-VCH

Unterwasserfahrzeuge, Tauchroboter oder Detektoren benötigen eine eigene Energieversorgung, wenn sie über längere Zeit unabhängig von Begleitschiffen unter Wasser betrieben werden sollen. Praktikabler als Akkus ist eine direkte elektrochemische Energiegewinnung aus Meerwasser.

Ein neuer kostengünstiger Ansatz bietet den Vorteil, bei langen Laufzeiten auch kurzzeitige Belastungsspitzen, etwa für rasche Bewegungen, zu bedienen. Wie Forscher in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, kann ihr System zu diesem Zweck autonom zwischen zwei Betriebsmodi umschalten.

Unterseeisches Gelände erforschen, Strömungen und Temperaturen aufzeichnen, Pipelines und Tiefseekabel inspizieren und reparieren – das sind nur einige Beispiele für Aufgaben, die Unterwasser-Geräte selbsttätig in den Tiefen der Ozeane ausführen sollen.

Die Herausforderung unter diesen extremen Bedingungen: Ihre Stromgeneratoren sollen sowohl eine hohe Energiedichte (lange Laufzeit bei Grundstromverbrauch) als auch eine hohe Leistungsdichte (kurzzeitiger hoher Stromfluss) bieten.

Liang Tang, Hu Jiang und Ming Hu und ihr Team von der East China Normal University in Shanghai der Shanghai University sowie der Chinese Research Academy of Environmental Sciences in Beijing haben sich durch spezielle marine Mikroorganismen inspirieren lassen, die ihre Zellatmung je nach benötigtem Leistungs-Output zwischen einem aeroben und einem anaeroben Modus wechseln, indem sie verschiedene Stoffe als Elektronenakzeptoren verwenden. Nach diesem Prinzip arbeitet auch ihr neuer Stromgenerator.

Erfolgsgeheimnis ist eine Kathode aus „Berliner Blau“, einer offenen Gerüst-Struktur mit Cyanid-Ionen als „Verstrebungen“ und Eisenionen als „Knotenpunkten“, die leicht Elektronen aufnehmen und abgeben können. Mit einer Metallanode kombiniert lässt sich damit Strom aus Meerwasser generieren.

Ist die abgerufene Leistung gering, werden die in die Kathode einfließenden Elektronen sofort auf gelösten Sauerstoff übertragen. Da gelöster Sauerstoff im Meer unerschöpflich ist, kann die Energieversorgung bei niedrigem Stromfluss theoretisch ewig laufen. Die Konzentration des Sauerstoffs jedoch ist gering.

Wenn die abgerufene Leistung und damit die Stromstärke stark erhöht werden, ist nicht genug Sauerstoff an der Kathode, um alle ankommenden Elektronen sofort aufzunehmen. Nun muss das Berliner Blau diese speichern, indem Eisenionen vom dreifach in den zweifach positiv geladenen Zustand wechseln.

Für den Ladungsausgleich lagern sich positiv geladene Natriumionen in das Gerüst ein. Da diese in hoher Konzentration in Meerwasser vorhanden sind, können viele Natriumionen und damit auch viele Elektronen in kurzer Zeit aufgenommen werden.

Nimmt der Stromverbrauch dann wieder ab, werden die Elektronen wie zuvor auf den Sauerstoff übertragen. Der Sauerstoff regeneriert das Gerüst zudem wieder, Fe2+ wird wieder zu Fe3+, die Natriumionen treten aus.

Das neue System zeigte sich in korrosivem Meerwasser sehr stabil und überstand eine Vielzahl an Moduswechseln. Im Hochenergie-Modus lief es kontinuierlich über vier Tage, ohne an Leistung zu verlieren. Im Hochleistungs-Modus konnte es 39 Leuchtdioden versorgen und einen Propeller antreiben.

Angewandte Chemie: Presseinfo 13/2019

Autor: Ming Hu, East China Normal University (China), mailto:mhu@phy.ecnu.edu.cn

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany.

https://doi.org/10.1002/ange.201901759

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Dr. Karin J. Schmitz Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

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