Massenspektrometrie am lebenden Objekt

In Science-Fiction-Filmen gang und gäbe: Ein kleines Gerät wird dem kranken Crew-Mitglied kurz auf die Haut gehalten – und Sekunden später zeigt ein Bildschirm an, was ihm fehlt. Diese Zukunftsvorstellung könnte durchaus real werden. Einen ersten Schritt in diese Richtung beschreiben Forscher von der ETH Zürich in der Zeitschrift Angewandte Chemie: ihre neue Methode zur Probennahme von lebenden biologischen Objekten für die direkte massenspektrometrische Untersuchung.

Mit Hilfe eines Stickstoffstrahls können Substanzen von der Haut eines Probanden in ein Massenspektrometer geleitet und schnell und genau analysiert werden. Außer für die rasche klinische Diagnostik ganz ohne Blutabnahme-Piekser könnte die neue Technik für die Erforschung von Stoffwechselvorgängen, für die Dopingkontrolle, die Terrorabwehr sowie die Kontrolle von Nahrungsmitteln herangezogen werden.

Die Massenspektrometrie hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Analyseverfahren für biologische Proben entwickelt. Vor der eigentlichen Analyse muss die Matrix der Probe entfernt werden, damit sich die gesuchten Analyten korrekt nachweisen lassen. Diese aufwändige Probenvorbereitung erschwert Routineuntersuchungen mit hohem Probendurchsatz. Das neue Verfahren der Gruppe um Renato Zenobi (eine Weiterentwicklung ihres Verfahrens zur Analyse von Atemluft, Angewandte Presseinformation 44/06) kommt ohne derartige Umwege aus. Statt die Proben, wie sonst üblich bei Messungen mit einem Elektrospray-Massenspektrometer (ESI-MS), als Lösung zuzuführen und mit Hilfe eines Gases zu vernebeln, werden die Analyten im neuen Verfahren – ähnlich wie mit einem Staubsauger – direkt von der Oberfläche „gesaugt“: Aus einer kleinen Düse wird Stickstoff auf die Probenoberfläche, beispielsweise die Haut eines Probanden, geblasen. Wenn das Gas auf die Oberfläche trifft, nimmt es dort halbflüchtige Stoffe auf. Der Gasstrom wird direkt in die Elektrospray-Quelle des Massenspektrometers geleitet. Hier kreuzt er einen Strom geladener Wasser-Tröpfchen, die die interessierenden Moleküle aufnehmen und aufladen. Die Analyse erfolgt dann sekundenschnell.

So lassen sich chemische „Fingerabdrücke“ von der Haut eines Menschen nehmen. Man erkennt beispielsweise, ob jemand Raucher ist und ob ein Proband Kaffee getrunken hat. Auch Spuren von Sprengstoffen und Modellsubstanzen für chemische Kampfstoffe ließen sich nachweisen. „Technisch ist die neue Methode nicht aufwändig,“ erklärt Zenobi, „übliche Elektrospray-Masssenspektrometer können rasch und problemlos umgerüstet werden.“

Auch Reihenuntersuchungen von Lebensmitteln lassen sich mit der neuen Methode schnell, kostengünstig und zuverlässig durchführen. Tiefgefrorene Proben, etwa Fleisch oder Fisch, müssen dafür nicht einmal aufgetaut werden. Verdorbene Lebensmittel erkennt man an einer charakteristischen Änderung ihres molekularen Fingerabdrucks.

Angewandte Chemie: Presseinfo 38/2007

Autor: Renato Zenobi, ETH Zürich (Switzerland), http://www.zenobi.ethz.ch/zenobi.html

Angewandte Chemie 2007, 119, No. 40, 7735-7738, doi: 10.1002/ange.200702200

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany

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Dr. Renate Hoer idw

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