Hightech-Blick ins Nervengewebe

Göttinger Forscher entwickeln neuartige Laser-Mikroskop-Technologie

Der Göttinger Neurowissenschaftler Prof. Bernhard Keller und sein Team wollen die Entwicklung von Medikamenten gegen Nervenerkrankungen beschleunigen. Um Wirkstoffe etwa gegen die Parkinson-Erkrankung oder die gefürchtete amyotrophe Lateralsklerose (ALS) effizienter testen zu können, entwickeln sie eine neuartige Laser-Mikroskop-Technologie. Sie soll es ermöglichen, Gewebeproben exakt und unter möglichst lebensnahen Bedingungen zu analysieren. Das BioProfil „Funktionelle Genomanalyse“ hat das Projekt zur Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) empfohlen. Die Fördersumme beträgt 800 000 Euro.

Das Projekt soll mehrere hochmoderne Technologien zu einem leistungsfähigen Gesamtsystem verknüpfen. Damit wollen die Forscher gewissermaßen „live“ verfolgen, wie im Nervengewebe Signale übertragen werden und wie Wirkstoffe diese Signalwege beeinflussen. „Entscheidend dafür ist eine am Physiologischen Institut in Göttingen entwickelte Methode, Gewebeschnitte so anzufertigen, dass darin enthaltene Nervenzell-Netzwerke funktionsfähig bleiben“, erklärt Prof. Keller. Weitere Bestandteile des Analysesystems sind Methoden zur Fluoreszenzmarkierung von Molekülen sowie hoch auflösende Techniken der Lasermikroskopie. Kooperationspartner sind das neue DFG-Forschungszentrum „Center of Molecular Physiology of the Brain“ und die amerikanische Cornell-Universität.

Fast wie im lebenden Körper

„Mit neueren Verfahren der Fluoreszenzmarkierung kann man markierte Moleküle in Zellen einschleusen – beispielsweise in die Nervenzellen von Mäusen“, erklärt Prof. Keller. „Und mit unserer Gewebeschnitt-Methode präparieren wir diese Zellen dann so, dass sie zu einem großen Teil noch miteinander kommunizieren können, fast wie im lebenden Körper.“ Die Wissenschaftler bezeichnen den Zustand dieser Zellverbund-Präparate als „in-vivo-nah“. Um ihr erprobtes Verfahren für möglichst viele Anwendungsfelder verfügbar zu machen, will Kellers Arbeitsgruppe ein robotergesteuertes Laborsystem etablieren, das serienmäßig in-vivo-nahe Gewebeschnitte mit gleichen Herstellungs-Parametern anfertigt. Als nächste Komponente der mehrstufigen Technologie folgt dann ein Multiphoton-Lasermikroskop, das Kellers multidisziplinäres Team für den Blick ins Nervengewebe optimieren will. Multiphotonen-Lasergeräte unterscheiden sich von gewöhnlichen Mikroskopen durch ihr Auflösungsvermögen und die hohe Eindringtiefe der Lichtwellen in das Gewebe, ergeben also ein genaueres und plastischeres Bild mit herausragender wissenschaftlicher Aussagekraft. Die Kombination von automatisiertem Analysesystem und Multiphotonen-Gerät wird es Wissenschaftlern in Hochschulen, Unternehmen und Forschungseinrichtungen ermöglichen, mit bisher nicht erreichbarer Geschwindigkeit und Auflösung molekulare Signalwege in Nervenzellen zu analysieren. „Um diese Innovationen möglichst bald für die Medikamententwicklung nutzbar zu machen, kooperieren wir bereits intensiv mit interessierten Biotech-Unternehmen“, erklärt Keller.

Über das BioProfil

Das BioProfil „Funktionelle Genomanalyse“ ist eine Initiative von Forschungseinrichtungen und Biotechnologie-Unternehmen der Region Braunschweig, Göttingen, Hannover. Um wissenschaftliche Ergebnisse aus Infektions-, Neuro- und Stammzellbiologie wirtschaftlich nutzbar zu machen, stehen dem BioProfil Mittel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Höhe von 15 Millionen Euro zur Verfügung. Koordiniert wird das BioProfil „Funktionelle Genomanalyse“ von der BioRegioN GmbH.

Ansprechpartnerin:

Ilka Zajons
BioRegioN GmbH
Vahrenwalder Straße 7
D-30165 Hannover
eMail presse@bioregion.de
Tel +49 (0) 511.9357-958
Fax +49 (0) 511.9357-963

Media Contact

Ilka Zajons idw

Weitere Informationen:

http://www.bioregion.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Forschende enthüllen neue Funktion von Onkoproteinen

Forschende der Uni Würzburg haben herausgefunden: Das Onkoprotein MYCN lässt Krebszellen nicht nur stärker wachsen, sondern macht sie auch resistenter gegen Medikamente. Für die Entwicklung neuer Therapien ist das ein…

Mit Kleinsatelliten den Asteroiden Apophis erforschen

In fünf Jahren fliegt ein größerer Asteroid sehr nah an der Erde vorbei – eine einmalige Chance, ihn zu erforschen. An der Uni Würzburg werden Konzepte für eine nationale Kleinsatellitenmission…

Zellskelett-Gene regulieren Vernetzung im Säugerhirn

Marburger Forschungsteam beleuchtet, wie Nervenzellen Netzwerke bilden. Ein Molekülpaar zu trennen, hat Auswirkungen auf das Networking im Hirn: So lässt sich zusammenfassen, was eine Marburger Forschungsgruppe jetzt über die Vernetzung…

Partner & Förderer