Was Deutschland von China lernen kann

Hochschulbildung in China ist derzeit einem dramatischen Wandel unterworfen. Stark ansteigende Studierendenzahlen, boomende Hochschulen und hohe Investitionen in die Elitebildung kennzeichnen das Bild.

Auf der anderen Seite steht China aufgrund der Ein-Kind-Politik ein ebenso gewaltiger demographischer Wandel bevor, der erheblichen Einfluss auf die Hochschullandschaft haben wird. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Massenausbildung und Bemühen um Exzellenz findet sich – in anderen Dimensionen – auch in Deutschland wieder. Auf eine Phase mit einem erheblichen Anstieg der Studierendenzahlen bis 2020 wird eine Zeit rückläufiger Zahlen folgen, in der sich die Hochschulen neu positionieren müssen. In weitaus stärkerem Maße werden sie darauf angewiesen sein, Studierende aus dem Ausland zu rekrutieren.

Das CHE-Arbeitspapier „Higher Education in China in the light of massification and demographic change. Lessons to be learned for Germany“ bietet zunächst einen Überblick über das gesamte Bildungssystem Chinas einschließlich der Erwachsenenbildung. Es berücksichtigt dabei auch die historischen Entwicklungen in der Hochschulbildung mit ihren wechselnden Orientierungen am westlichen oder sowjetischen Modell. Die Autoren analysieren das aktuelle Hochschulsystem und deren Institutionen sowie die Verteilung der Studierenden und zeigen Probleme und Herausforderungen auf.

Die Entwicklungen sind so beeindruckend wie herausfordernd: so ist die Zahl der Studierenden von weniger als 4 Millionen 1990 auf mehr als 20 Millionen in 2005 angestiegen. Gleichzeitig erhöhten sich die Studiengebühren von 18 € im Jahr 1989 auf derzeit 450 €. Auch ist die Zahl der Studierenden im Ausland von 40.000 auf 120.000 zwischen 2000 und 2005 gestiegen. Und von den mehr als 10 Millionen Studierwilligen können heute nur 5,6 Millionen einen Studienplatz bekommen.

Ebenso eindrucksvoll wie die Studierendenstatistik ist die Politik der chinesischen Regierung, der breiten Masse Studienmöglichkeiten zu bieten und gleichzeitig die Eliteförderung zu forcieren. Daher beschäftigt sich das Arbeitspapier mit den beiden Reformprojekten „Projekt 211“ und „Projekt 985“, die der Förderung der Exzellenz in China gewidmet sind. 6,4 Prozent der jährlichen Ausgaben für den Hochschulsektor werden zusätzlich in diese Projekte investiert.

In wenigen Jahrzehnten werden in China ähnlich wie Deutschland über 30 Prozent der Bevölkerung älter als 60 Jahre sein. Daher spielt die Frage des „lebenslangen Lernens“ eine zunehmende Rolle. In der Studie werden auch erste Überlegungen der chinesischen Regierung zum Umgang mit den demographischen Herausforderungen der Zukunft dargestellt.

Schließlich bietet das Arbeitspapier einige Hinweise, welche Lektionen Deutschland aus der chinesischen Erfahrung lernen könnte und welche Aktivitäten für eine Nutzung der sich abzeichnenden Potenziale ratsam erscheinen. Die Initiative „Neun + Neun“, in der neun chinesische und neun deutsche Hochschulleitungen Anfang Oktober in Berlin zu einer deutsch-chinesischen Konferenz zusammen kamen, unterstreicht, wie bedeutsam das Verständnis Chinas auch für die deutsche Hochschullandschaft ist. Zu diesem gegenseitigen Verständnis möchte die Studie einen Beitrag leisten.

Das Arbeitspapier ist in englischer Sprache erschienen.

Kontakt: Uwe Brandenburg
uwe.brandenburg@che-consult.de
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Britta Hoffmann-Kobert idw

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