1,5 Millionen Euro EU-Forschungsgelder für das Helmholtz Zentrum München zur Untersuchung von Ziliopathien

Mit dem ERC Starting Grant wird Lickert eine eigenständige Forschergruppe aufbauen, um in den nächsten fünf Jahren die Ursachen von Ziliopathien zu untersuchen. Der Funktionsverlust der körpereigenen Zilien führt zu zahlreichen Krankheitsbildern.

Zilien sind 5 bis 10 µm lange und 250 nm dicke härchenartige Zellfortsätze, die fast auf allen menschlichen oder tierischen Zellen vorkommen. Es wurde lange angenommen, dass Zilien und Geißeln ein evolutionäres Relikt darstellen und nur noch der Bewegung von Spermien oder dem Transport von Schmutzstoffen bzw. Sekreten, wie etwa im Lungenepithel, dienen. Befunde aus den letzten Jahren beweisen jedoch, dass Zilien eine zentrale Rolle bei der zellulären Signalübertragung spielen. Ein Funktionsverlust der Zilien hat meist genetische Ursachen.

In den letzten Jahren konnten über 30 Krankheiten auf Ziliendysfunktionen zurückgeführt werden. Diese Ziliopathien betreffen zahlreiche Organsysteme. Beispiele für resultierende Krankheitsbilder sind neben Entwicklungsdefekten wie polyzystischen Nieren-, Leber- und Pankreaserkrankungen, Herzdefekte und Adipositas, auch ein erhöhtes Risiko für Diabetes oder Krebs. Trotz der weitreichenden Bedeutung der Zilien sind viele Aspekte der Biologie dieser Organellen noch nicht bekannt, Fragen betreffen etwa die Regulation körpereigener Prozesse (Homeostase), die Signalübertragung zwischen Zellen oder die Organ- und Embryonalentwicklung.

„Im Rahmen des Projekts werden wir die Mechanismen untersuchen, die der Entstehung von Ziliopathien zu Grunde liegen – sowohl auf zellulärer wie auch biomolekularer Ebene“, sagt Dr. Heiko Lickert, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Stammzellforschung des Helmholtz Zentrums München. Um die Funktion der Zilie während der Embryonal- und Organentwicklung zu untersuchen, werden die Wissenschaftler relevante Gene gezielt ausschalten. „Zur Analyse der Auswirkungen verwenden wir dann modernste Technologien, unter anderem bildgebende Verfahren für Strukturen innerhalb der Zelle oder Methoden zur Identifizierung und Analyse von Proteinnetzwerken“, so Lickert weiter.

„Das Helmholtz Zentrum München erkennt das Konzept des European Research Councils an, völlig neue, bahnbrechende Forschungsansätze zu finanzieren und so die Grundlagenforschung zu stimulieren“, sagt der Wissenschaftlich-Technische Geschäftsführer des Helmholtz Zentrums München, Prof. Dr. Günther Wess. „Die besten Wissenschaftler sollen zur Beantragung eines Grants ermutigt werden“.

Forscher konnten nach dem Prinzip eines Ideenwettbewerbs ihre Konzepte beim Europäischen Forschungsrat einreichen. Ein strenges Auswahlverfahren sichert die Exzellenz der Projekte. So lag in der zweiten Ausschreibung des ERC Starting Grant die Bewilligungsquote knapp unter zehn Prozent, während in der ersten Runde sogar nur drei Prozent der Anträge bewilligt wurden. Wess: „Damit ist die Vergabe der Forschungsgelder an Heiko Lickert ein sichtbarer Beweis für die wissenschaftliche Exzellenz des Zentrums“.

Weitere Informationen

Das Helmholtz Zentrum München ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1680 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit insgesamt 26500 Beschäftigten zusammengeschlossen haben.

Das Institut für Stammzellforschung untersucht die Hauptelemente der Regulation des Zellschicksals und der Zellvermehrung in unterschiedlichen Organsystemen. Die Wissenschaftler erforschen Stammzellen unterschiedlicher Organe, etwa des Nervensystems oder der endodermalen Organe, wie z.B Lunge, Leber und Pankreas, um die molekularen und zellulären Mechanismen aufzuklären, die für das gemeinsame Hauptmerkmal aller Stammzellen verantwortlich sind. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Regulation der Entstehung spezifischer Zelltypen aus Stammzellen in Hinblick auf einen rekonstituierenden therapeutischen Ansatz.

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