Lebensqualität: Boombranche und Hoffnung für mehr Beschäftigung?
Studie des Instituts Arbeit und Technik untersucht Zukunftspotenziale im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen
"Innovationen für mehr Lebensqualität" nehmen heute eine Schlüsselposition ein, die sowohl für die Bedürfnisse der Verbraucher als auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen große Chancen eröffnet. Für die Dienstleistungsgesellschaft der Zukunft wird prognostiziert, dass der nächste große Wachstumsschub aus dem Interesse der Menschen an der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen kommen wird. Bei gezielter Weiterentwicklung des auf Lebensqualität abzielenden Branchengeflechtes – von Gesundheit und Sozialem über den Bildungssektor und Kommunikation bis hin zu Freizeit, Sport und Kultur – könnte eine Boombranche entstehen. Das zeigt eine Studie des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen), in der die Zukunftspotenziale für den Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen untersucht wurden.
Dienstleistungen für mehr Lebensqualität sind keineswegs von einer öffentlich oder halböffentlich finanzierten Infrastruktur abhängig, sondern lassen sich gerade auch über den Markt anbieten, stellen die Gelsenkirchener Forscher fest. Die Vielfalt der Bedürfnisse bei der Gestaltung verschiedener Lebensbereiche wächst und die Bereitschaft, dafür zu zahlen, auch. Die derzeit noch bestehenden Branchengrenzen verschwimmen immer mehr und werden damit im Zuge der anstehenden Entwicklungen tendenziell zu einer neuen umfassenderen Dienstleistungsbranche für Lebensqualität – eigentlich einem ganzen Sektor – verschmelzen.
Ein Angebotsfeld ist etwa der Sport- und Freizeitsektor, in dem sich – neben dem ehrenamtlich geprägten Vereinswesen – öffentliche wie auch privatwirtschaftliche Anbieter etabliert haben. So konnten die ca. 6 100 Sport- und Fitnessstudios im Bundesgebiet 1999 einen Umsatz von 4,5 Milliarden DM erzielen. Seit 1990 haben sich die Anzahl der Studios um 48,7 Prozent und die Umsätze der Branche um 181 Prozent erhöht. Der kommerzielle Sport- und Freizeitsektor beschäftigte 1997 insgesamt 80 760 Mitarbeiter, davon ca. 15 000 auf Vollzeitarbeitsplätzen. Neben Fitnesstrainern und -lehrern mit einer Verbandsausbildung stellen Diplomsportlehrer eine wichtige Beschäftigtengruppe dar.
Darüber hinaus kann der Kulturbereich als ein wichtiger Wirtschafts- und Standortfaktor ausgemacht werden. Zwar ist der Kultursektor selbst auf eine öffentliche Förderung angewiesen, allerdings werden durch sog. Sekundäreffekte in der Kulturwirtschaft, wie z.B. im Verlagswesen, Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum geschaffen, die bei weitem die öffentlich-investiven Fördermaßnahmen übersteigen. Außerdem wird hervorgehoben, dass die Verknüpfung von Kultur und Tourismus als ein Feld gilt, in dem bisher noch nicht ausgeschöpfte Wachstumspotenziale liegen.
Das Sozial- und Gesundheitswesen ist aufgrund seines starken Arbeitsplatzzuwachses zum Motor des wirtschaftlichen Strukturwandels geworden. Zwischen 1980 und 1997 sind allein in NRW mehr als 370 000 neue Arbeitsplätze entstanden, derzeit arbeiten im NRW-Gesundheitswesen ca. 900 000 Beschäftigte, davon immerhin etwa 145 000 in Zuliefer- und privat finanzierten Nachbarbranchen. Dazu zählt der Bereich Wellness/Fitness mit ca. 5 000 Beschäftigten und der Gesundheitstourismus mit etwa 23 000. Anschub für die steigende Bereitschaft, für Gesundheit und Soziales mehr Geld auszugeben, wird zum einem vom medizinischen Fortschritt erwartet, zum anderen von mehr Qualität und Attraktivität der neuen Gesundheitsprodukte und sozialen Dienstleistungen.
Erfolgversprechende Suchfelder für neue, bedarfsgerechte Dienstleistungsangebote sehen die IAT-Wissenschaftler vor allem an den Schnittstellen zu benachbarten Branchen. So hat sich etwa durch die Verknüpfung zwischen Gesundheit und Sozialem mit Freizeit, Sport, Tourismus der Wellnessbereich erfolgreich entwickelt.
Wichtige Voraussetzungen für die Anbieter, um am Markt erfolgreich zu sein, sind Kundenorientierung und Effizienzsteigerungen, die durch den technischen und organisatorischen Fortschritt auch für Dienstleistungen möglich sind. Wenn es gelingt, Dienstleistungen für Lebensqualität mit mehr Effizienz und Professionalisierung und somit besser und kostengünstiger anzubieten, kann dies auch neue Chancen für attraktive, anspruchsvolle und normal entlohnte Arbeitsplätze jenseits von Niedriglöhnen schaffen.
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