Friedliche Koexistenz im Straßenverkehr

Bei dem ersten Anwendungsfall des Projektes sollen Lastenräder Personen entlang des Weges automatisiert folgen können und dabei beispielsweise Pakete transportieren.
Bild: Hannah Theile / Uni Magdeburg

Ingenieure der Uni Magdeburg entwickeln eine universelle Automatisierungstechnik für den sicheren Einsatz von autonomen Mikromobilen in der Stadt.

Mobilitätsexpertinnen und –experten der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg entwickeln ein universell einsetzbares Steuerungsmodul für automatisierte Mikromobile, wie autonome Lastenräder. Mit dieser neuen Software sollen diese „Verkehrsteilnehmer“ sich künftig sicherer und weniger anfällig im Straßenverkehr bewegen können und die Interaktion mit Passanten und Passantinnen beziehungsweise Zustellern soll deutlich verbessert werden. Gleichzeitig werden die Ingenieurinnen und Ingenieure mögliche Geschäftsmodelle und konkrete Anwendungsgebiete der Mikromobile analysieren sowie verkehrstaugliche Sicherheits- und Zulassungskonzepte erarbeiten.

Im vom Land Sachsen-Anhalt geförderten Forschungsprojekt „Aura Hirn“ werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit derartigen Fahrfunktionen ausgestattete Mikromobile ab 2023 in Magdeburg testen.

Das Team an der Fakultät für Maschinenbau mit dem Projektleiter Dr. Tom Assmann will das Modul schnell und zeitnah hin zur ersten Einsatzstufe entwickeln. Als erster Anwendungsfall werden Lastenräder avisiert, die Personen entlang des Weges automatisiert im Follow-Me folgen können. Zum Beispiel indem die Lastenräder Pakete transportieren und dabei automatisiert Zustellerinnen und Zustellern folgen. Damit kann unter anderem der Zustellprozess auf der letzten Meile deutlich effizienter gestaltet werden. „Unser Ziel ist es zu zeigen, dass sich bereits in Entwicklungsstufen hin zum autonomen Fahren Effizienzgewinne in der Anwendung heben lassen“, erklärt Dr. Assmann.

Für das Forschungsvorhaben werden autonome Lastenräder aus dem Vorgängerprojekt „AuRa – autonomes Lastenrad“ genutzt, das im September 2022 erfolgreich abgeschlossen wurde. Der hierbei entwickelte Prototyp eines autonomen Lastenrades ist bereits mit einer Sensorik ausgestattet, die es erlaubt, in einem begrenzten Setting automatisiert zu fahren. Das Projekt wurde durch das Land Sachsen-Anhalt mit EFRE-Mitteln gefördert.

„Die bisherigen Fahrtplanungsmechanismen autonomer PKW gehen von leeren Fahrbahnen mit strikter Spurtrennung und gerichtetem Verkehr aus, auf denen Fußgänger eher Störobjekte statt gleichberechtigte Verkehrsteilnehmende sind“, so Assmann. Das führe dazu, dass autonome Mikromobile, wie Lastenräder, in unstrukturierten Verkehrsräumen mit vielen Passanten sich nicht oder nur sehr schwer vorwärtsbewegen würden. „Für Mikromobile, die sich durch deutlich geringere Masse, Geschwindigkeit und Größe an eine belebte Straße besser anpassen könnten, gibt es jedoch bisher keine adäquaten Lösungen für das Problem, ständig mit anderen Verkehrsteilnehmern in Konflikt um den Platz zu kommen. Genau dort setzen wir an.“

Die in dem gerade begonnenen Forschungsprojekt „AuRa Hirn“ weiterentwickelte Automatisierungstechnik mit verbesserten Fahrfunktionen würde künftig eine „friedliche Koexistenz“ und risikominimierte Fahrweise ermöglichen, so Assmann.

„Neue Paradigmen, wie die 15-Minuten-Stadt, verändern Perspektiven darauf, wie öffentlicher Raum in Städten künftig aufgeteilt werden wird“, erläutert Dr. Tom Assmann. Das Konzept der „15-Minuten-Stadt“ beschreibe eine Stadt, in der alle Wege des Alltags in weniger als 15 Minuten mit nachhaltigen Verkehrsmitteln bestritten werden können. Beispiele wie eine autofreie Innenstadt in Madrid oder 70 Prozent Fahrradanteil am Verkehrsaufkommen im niederländischen Groningen zeigten, dass es funktionieren. Die Entwicklung zur „Straße für Menschen“ finde bereits statt. „Ein boomender E-Bike-Absatz und sich jährlich verdoppelnde Verkaufszahlen von Lastenrädern machen deutlich, dass Verkehr in Städten zukünftig deutlich digitaler und mikromobiler sein wird“, so der Logistiker Assmann weiter. Gleichzeitig seien die aktuell entwickelten autonomen PKW zur Umsetzung des autonomen Fahrens für diese Zukunft von Stadt nicht geeignet. „PKW und Robotaxis sind einfach zu groß, zu schwer und zu sperrig.“

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Tom Assmann, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Fakultät für Maschinenbau, Institut für Logistik und Materialflusstechnik, Telefon: +49 391 4090-588, E-Mail: tom.assmann@ovgu.de

Weitere Informationen:

https://www.aura.ovgu.de/Projekte/AuRa+Hirn.html Weiterführende Informationen

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Katharina Vorwerk Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

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