Studie zu Sicherheitsgefühl in Autonomen Shuttlebussen
Im Notfall wollen Fahrgäste einen Menschen sprechen.
Als Ergänzung zu Bus und Bahn können automatisierte Fahrzeuge im ÖPNV einen wichtigen Baustein zur Verkehrswende leisten – vorausgesetzt, die Menschen fühlen sich sicher und wohl, auch wenn kein Fahrer und keine Fahrerin an Bord ist. Deshalb ist das Sicherheitsgefühl ein wichtiges Thema in der Forschung rund um die Integration automatisierter Shuttles in den öffentlichen Verkehr. Die Hochschule Coburg liefert dazu neue Erkenntnisse.
Angst vor Verbrechen und Belästigung sind der Hauptgrund, warum Menschen im ÖPNV automatisierte Busse nicht so sicher finden wie klassische Busse mit Fahrer oder Fahrerin – zumindest laut einer Studie aus Texas. Die Bedenken wurden hier vor allem von Frauen geäußert und das insbesondere mit Blick auf Nachtfahrten. Bei einer Studie in Pennsylvania kam allerdings heraus, dass doch die Sorge vor technischen Defekten größer ist. Die wissenschaftlichen Beiträge zum Sicherheitsgefühl in automatisierten Fahrzeugen sind noch nicht eindeutig und haben meist einen gravierenden Nachteil: Das Empfinden der Nutzerinnen und Nutzer ist rein hypothetisch. Sie sind nie in einem solchen Fahrzeug gesessen. In diesem Punkt unterscheidet sich eine neue Studie der Hochschule Coburg von bisherigen Untersuchungen: Wie sicher sich die Passagiere fühlen, wurde in Oberfranken anhand einer tatsächlichen Fahrt mit einem autonomen Shuttlebus ermittelt.
Oberfranken ist eine führende Region in der Forschung zum Autonomen Fahren. Die Hochschule Coburg ist am Studienort Kronach nicht nur mit dem Master Autonomous Driving (Master of Engineering) vertreten, sondern auch am Projekt Shuttle-Modellregion Oberfranken (SMO) beteiligt, das vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert wird. Hier werden in Modellkommunen verschiedene Anwendungsszenarien automatisierter Shuttlebusse untersucht. Die Hochschule Coburg widmet sich dabei unter anderem Aspekten wie Bürgerbeteiligung und Sicherheit. Dazu gab es Ende vergangenen Jahres eine Versuchsfahrt mit 25 Bürgerinnen und Bürgern auf dem Firmengelände von Valeo in Kronach-Neuses, dem Konsortialführer des SMO-Projekts. Der Shuttlebus war vollautomatisiert unterwegs, ohne Begleitpersonal, das hätte eingreifen können. Dabei wurden alltägliche Verkehrssituationen nachgestellt: beispielsweise eine starke Bremsung an einem Fußgängerüberweg und das Kreuzen eines Scooterfahrers.
Gute Erfahrung: Versuchsfahrt mildert Ängste
Vor und nach der Fahrt wurden die Testpersonen befragt. „Eine Probefahrt hat oft den Effekt, dass die meisten Vorbehalte gegenüber dem Shuttle abgebaut werden“, sagt Prof. Dr. Mathias Wilde von der Fakultät Maschinenbau und Automobiltechnik der Hochschule Coburg. „Durch das direkte Erleben werden Ängste gemildert und das Vertrauen in die Technik gestärkt“, erklärt der Professor für Vernetzte Mobilität. Tatsächlich gaben die meisten Probandinnen und Probanden in Kronach an, dass das Fahr-Erlebnis ihr Sicherheitsgefühl verbessert hat. Die Geschwindigkeit von acht Stundenkilometern, die strengen Regularien in Deutschland und Prüf-Instanzen wie der TÜV vermittelten ebenfalls Sicherheit. „Die Probandinnen und Probanden legen Wert auf Transparenz und möchten verstehen, welche Prozesse ablaufen und welche Gründe hinter den Aktionen des Shuttles stecken“, sagt Wilde. „Dieses Wissen gibt ihnen das Gefühl, aktiv beteiligt und informiert zu sein.“
Es wurden aber auch verunsichernde Faktoren identifiziert, beispielsweise das ruckartige Anfahren und starke Bremsen der Shuttles und fehlende Kopfstützen, außerdem wurden äußere Faktoren genannt: Alleinfahrten oder unangenehme Mitfahrende, Dunkelheit, schlechte Wetterverhältnisse, komplexe Verkehrsumgebungen, wie größere Städte und Berufsverkehr.
Testpersonen wollen nicht das Gefühl haben, der Technik ausgeliefert zu sein
Gemeinsam mit seinem Team hat Wilde in einem Workshop mit den Testpersonen Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Dabei standen sowohl technische also auch soziale Faktoren im Fokus. Insgesamt geht aus der Versuchsfahrt hervor, dass die Probandinnen und Probanden nicht das Gefühl haben möchten, dass sie alleingelassen oder der Technik ausgeliefert sind. Die Testpersonen gaben an, dass sie für eine Fahrt ohne Begleitpersonal einen Nothalteknopf, eine festgelegte und erprobte Strecke und eine Fernüberwachung aus der Leitwarte für ein hohes Sicherheitsgefühl bräuchten. „Viele wünschen sich eine schnelle und zuverlässige Kommunikation mit einem Menschen“, sagt Wilde. „Ideal ist eine Videoübertragung in die Leitstelle. Eine solche Lösung würde das Sicherheitsgefühl erhöhen und das Gefühl der Hilflosigkeit verringern.“
Text: Natalie Schalk
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