An ihren Gesten sollt Ihr sie erkennen

Beispiele für Handgesten der Kandidaten zu den US-Präsidentenwahlen 2004 und 2008. Rechtshänder verknüpften positive Botschaften häufiger mit Gesten der rechten Hand, negative Botschaften mit Gesten der linken Hand. Linkshänder setzen ihre Hände in umgekehrtem Muster ein. Bild: Daniel Casasanto<br>

Menschen verknüpfen positive Eigenschaften mit ihrer dominanten, negative dagegen mit ihrer nicht-dominanten Körperhälfte. Rechtshänder assoziieren also beispielsweise Ehrlichkeit oder Intelligenz mit ihrer rechten, Linkshänder mit ihrer linken Seite. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psycholinguistik in Nijmegen, Niederlande, haben untersucht, ob dieses Phänomen, das bislang nur im Versuchslabor beobachtet wurde, auch im wirklichen Leben auftritt. Dazu haben sie die spontane Gestik der Kandidaten zu den amerikanischen Präsidentenwahlen 2004 und 2008 in Reden mit positivem und negativem Inhalt analysiert. Demnach unterstützten rechtshändige Kandidaten George W. Bush und John Kerry positive Aussagen bevorzugt mit der rechten Hand, negative Aussagen begleiteten sie dagegen vor allem mit der linken Hand. Bei den linkshändigen Kandidaten Barack Obama und John McCain war dies genau umgekehrt. (PLoS ONE, 28 Juli 2010)

„Gut“ und „Böse“ sind in vielen Kulturen jeweils mit „rechts“ und „links“ assoziiert. Beispiele sind im deutschen Sprachgebrauch der Ausdruck „zwei linke Hände“ oder im englischen der gemeinsame Begriff für richtig und rechts („right“). Politikern wird deshalb empfohlen, in erster Linie die rechte Hand für ihre Gestik zu benutzen und die linke nur für negative Botschaften einzusetzen.

Die dominante Körperhälfte ist „gut“

Mit dieser kulturellen Prägung lässt sich allerdings nur die Gestik von Rechtshändern erklären. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Menschen positive Botschaften nicht mit einer bestimmten Körperseite verbinden, sondern mit der Seite, die bei ihnen persönlich dominiert. Bewegungen auf der dominierenden Körperseite fallen dem Menschen leichter, deshalb wird sie offenbar mit „gut“ assoziiert“, folgert Daniel Casasanto vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik, der die Untersuchung zusammen mit Kyle Jasmin durchgeführt hat.

Bei manchen Rednern ist der Zusammenhang zwischen nicht-dominanter Hand und negativer Botschaft so offensichtlich, dass er bereits mit bloßem Auge auffällt. So nutzte Barack Obama seine nicht-dominante Hand etwa doppelt so häufig für negative Botschaften, John Kerry dreimal so oft. John McCain unterstrich negative Inhalte sogar 12-mal häufiger mit der nicht-dominanten Hand.

Mit der Parteizugehörigkeit hat die Art der Gestik dagegen nichts zu tun. „Links“ und „rechts“ stehen zwar auch für politische Orientierungen, aber die Rechtshänder in der Studie – der Republikaner Bush und der Demokrat Kerry – nutzten beide dieselbe Körperseite, um positive oder negative Botschaften zu verkünden. Zumindest in dieser Frage scheinen sich Republikaner und Demokraten einig zu sein.

Die Hand, die ein Sprecher für seine Gestik bevorzugt benutzt, sagt also viel darüber aus, was er tatsächlich über seine Botschaften denkt. Kaum ein Redner ist sich dabei bewusst, welche Botschaft er mit seinen Gesten an das Publikum sendet. Die meisten merken nicht einmal, dass sie überhaupt gestikulieren.

Originalveröffentlichung:

Casasanto, D. & Jasmin, K.
Good and Bad in the Hands of Politicians: Spontaneous gestures during positive and negative speech.

PLoS ONE, 5(7):e11805. doi:10.1371/journal.pone.0011805

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Daniel Casasanto
Max-Planck-Institut für Psycholinguistik, Nijmegen, Niederlande
Tel.: (+31) 024 3521 321
E-Mail: daniel.casasanto@mpi.nl

Media Contact

Barbara Abrell Max-Planck-Gesellschaft

Weitere Informationen:

http://www.mpg.de

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