Forscher gegen planlosen Medikamentencocktail: PRISCUS-Verbund mit 1,5 Mio. EUR weiter gefördert
Mit ihrem Ergebnis, dass ältere Menschen im Schnitt sechs Medikamente täglich einnehmen, von denen viele gar nicht für sie geeignet sind oder sich untereinander nicht vertragen, haben die Forscher im Verbund PRISCUS (Prerequisites for a new health care model for elderly people with multi-morbidity) für viel Aufsehen gesorgt. Als Gegenmaßnahme entwickelten sie eine Liste, die Ärzten als Hilfe bei der Auswahl und Zusammenstellung von Medikamenten für Ältere dienen soll.
Ob und wie die Liste wirkt, wollen sie in der zweiten Projektphase untersuchen: Der Verbund, koordiniert von Prof. Dr. Hans-Joachim Trampisch, RUB-Abteilung Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, wird vom Bundesforschungsministerium (BMBF) mit 1,5 Mio. Euro für drei Jahre weiter gefördert.
Kurzliste für den Praxisalltag
83 Arzneistoffe setzte das interdisziplinäre PRISCUS-Expertenteam auf die Liste derer, die man älteren Menschen möglichst nicht verordnen sollte. Zu groß ist bei ihnen das Risiko ernster Nebenwirkungen, die den Patienten nicht selten sogar ins Krankenhaus bringen: Verwirrtheit, Herzkreislaufprobleme, Stürze. In der zweiten Projektphase wollen die Spezialisten die lange Liste noch einmal prüfen und eine handhabbare Kurzfassung für die tägliche Praxis entwickeln.
Diese Liste wird dann in Hausarztpraxen in den Großräumen Ruhrgebiet und Hannover erprobt. Der Zufall entscheidet darüber, ob eine Praxis die PRISCUS-Liste erhält oder eine allgemein gehaltene Handreichung für die Verschreibung von Medikamenten an ältere Menschen als Kontrollgruppe. Über ein Jahr hinweg werten die Forscher dann die Verordnungen an 1680 Patienten über 70 Jahre dieser Praxen aus. Sie vergleichen, welche Medikamente die Patienten zu Beginn und nach Einführung der jeweiligen Liste in der Hausarztpraxis bekommen, erfragen zudem die Lebensqualität der Patienten und führen Buch über eventuelle Krankenhauseinweisungen. Nach einem Jahr soll sich zeigen, was die Kurzfassung der Liste bewirkt. Gesundheitsökonomen ermitteln darüber hinaus, ob sie auch wirtschaftliche Auswirkungen hat.
Ältere Menschen in Bewegung bringen
Ein zweiter Teil der PRISCUS-Studie bringt ältere Menschen in Bewegung. Ziel ist es, ihre Mobilität zu verbessern. Dazu haben Sportmediziner der RUB unter dem Namen HOMEfit eine neuartige Kooperation zwischen Hausärzten und Bewegungstherapeuten ins Leben gerufen, über die älteren Patienten ein spezielles Trainingsprogramm vermittelt wird. Dieses Konzept wurde in der ersten Phase der Studie erprobt. Die Studienteilnehmer werden über ihren Hausarzt angesprochen und ihre aktuelle Kraft und Koordination wird von den Wissenschaftlern in der Hausarztpraxis gemessen. Unter anderem wird ermittelt, wie schnell die Teilnehmer es schaffen, fünfmal hintereinander von einem Stuhl aufzustehen.
Ein Bewegungstherapeut übernimmt dann eine eingehende Beratung zu körperlicher Aktivität und eine Einweisung in das individuelle Trainingsprogramm, das die Teilnehmer zu Hause regelmäßig absolvieren. In bestimmten Abständen finden weitere Schulungstermine in der Hausarztpraxis und am Telefon statt. Das Trainingsprogramm wird dem Fortschritt angepasst und umfasst insgesamt zwölf Wochen. Am Ende der Trainingszeit wird die Mobilität wiederum gemessen, um zu bewerten, ob das Konzept erfolgreich war.
Partner in PRISCUS
Partner in PRISCUS sind neben der Ruhr-Universität die Universität Witten-Herdecke, die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) und die Universität Bielefeld.
Weitere Informationen
Dr. Ulrich Thiem, Abteilung Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Hans-Joachim Trampisch), 44780 Bochum, Tel. 0234/32-27253, ulrich.thiem@rub.de
Dr. Timo Hinrichs, Lehrstuhl Sportmedizin und Sporternährung (Prof. Dr. Petra Platen), Fakultät für Sportwissenschaft der RUB, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-29166, timo.hinrichs@rub.de
Redaktion: Meike Drießen
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