EIX sagt wirtschaftliche Entwicklung voraus
Dabei steigern Leerverkäufe die Genauigkeit der Prognosen. Dies zeigt eine Studie des Wirtschaftsingenieurs Florian Teschner vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Der Forscher hat Gestaltung und Leistung von Prognosemärkten anhand der vom KIT mit betriebenen Handelsblatt-Prognosebörse EIX untersucht.
Prognosebörsen sind virtuelle Marktplattformen, die den Ausgang von Geschehnissen vorhersagen: Die Teilnehmer handeln mit virtuellen Aktien über zukünftige Ereignisse, beispielsweise Wahlausgänge oder Sportergebnisse. Dabei spiegeln die Preise der Aktien die Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Ereignisse wider. Das Konzept beruht auf der Idee, dass der Durchschnitt vieler Einschätzungen häufig treffsicherer ist als Einzelprognosen. Das Institut für Informationswirtschaft und -management (IISM) des KIT unter Leitung von Professor Christof Weinhardt betreibt gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln und der Wirtschaftszeitung Handelsblatt die Konjunktur-Prognosebörse Economic Indicator eXchange (EIX). Auf dieser handeln die Teilnehmer seit knapp drei Jahren mit ihren Einschätzungen von sechs Konjunkturindikatoren: Bruttoinlandsprodukt, Exporte, Inflation, Zahl der Arbeitslosen, Bruttoanlageinvestitionen und Ifo-Index. Sie verwenden dabei virtuelles Geld; für die besten Voraussagen gibt es Sachpreise.
In seiner Dissertation „Forecasting Economic Indices – Performance, Design and Learning in Prediction Markets” hat der Wirtschaftsingenieur Florian Teschner vom IISM die Qualität der Prognosen auf EIX erforscht und die Frage untersucht, wie Prognosebörsen zu gestalten sind, um Informationen schneller und effizienter zusammenzustellen. Die Ergebnisse zeigen, dass die EIX mit mehr als 1000 Teilnehmern und über 60.000 Einzelprognosen sehr genaue Vorhersagen treffen kann. Als Maßstab dienten die Konsensusschätzungen der Nachrichtenagentur Bloomberg, die auf der Befragung von Bankvolkswirten basieren. Der Vergleich ergab, dass die Qualität der EIX-Vorhersagen derjenigen der Bloomberg-Prognosen ebenbürtig ist.
Dabei ist EIX in der Regel sogar schneller: „Die Prognosebörse liefert zehn Tage früher eine gleichwertige Vorhersage“, erklärt Florian Teschner. Während Bloomberg eine punktuelle Prognose liefert, basierend auf Befragungen eine Woche vor der Veröffentlichung, leistet EIX eine kontinuierliche Prognose. „Dies motiviert die Teilnehmer, ihre Einschätzungen frühzeitig preiszugeben“, erläutert Teschner. Die Händler auf EIX nutzen neue Informationen sofort, um ihre Voraussagen zu verbessern.
Die von Professor Christof Weinhardt betreute Dissertation befasst sich auch mit den Auswirkungen von Leerverkäufen, mit denen Händler auf fallende Kurse spekulieren können, auf die Genauigkeit des Prognosemarkts. Dabei zeigte sich, dass sich die Einführung von Leerverkäufen positiv auswirkt: Zum Teil verringerte sich der Prognosefehler, das heißt die Differenz zwischen prognostiziertem und realem Wert, um 60 Prozent. „Leerverkäufe erweitern den Handelsspielraum der Teilnehmer. Dies ermöglicht es ihnen, falsche Preise besser auszunutzen – der Vorhersagefehler wird reduziert“, berichtet Teschner. Der KIT-Wissenschaftler untersuchte auch, wie sich andere Marktparameter mit der Einführung von Leerverkäufen ändern, und wies nach, dass die Liquidität zunimmt.
Die Studie widmete sich überdies der Frage, wie Anreiz und Feedback das Lernen und die Teilnahme der Prognosebörsen-Nutzer beeinflussen. Dabei erwies sich eine langfristige, fortlaufende Interaktion mit den Teilnehmern als wesentlich für den Erfolg der Prognosebörse. Wirkungsvollste Motivationsmaßnahme war ein wöchentlicher Konjunktur-Newsletter. Experimente zur Gestaltung der Marktbenutzeroberfläche ergaben, dass die Gebote der Teilnehmerinnen und Teilnehmer weniger profitabel sind, wenn der Handelsbildschirm eine hohe Anzahl von Informationselementen aufweist.
Nähere Informationen zur Prognosebörse: www.eix-market.de
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts nach den Gesetzen des Landes Baden-Württemberg. Es nimmt sowohl die Mission einer Universität als auch die Mission eines nationalen Forschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft wahr. Das KIT verfolgt seine Aufgaben im Wissensdreieck Forschung – Lehre – Innovation.
Weiterer Kontakt:
Margarete Lehné
Pressereferentin
Tel.: +49 721 608-48121
Fax: +49 721 608-43658
E-Mail: margarete.lehne@kit.edu
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen
Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.
Neueste Beiträge

Prothesenlockerung frühzeitig erkennen
Die Hochschule Coburg und Regiomed forschen gemeinsam an der Entwicklung einer innovativen Messtechnik, durch die eine Lockerung von Hüftprothesen bald im Frühstadium erkannt werden soll. Zukünftig soll es möglich sein,…

Virtueller Bahnlärm – nah an der Realität
An der Empa erkunden Akustik-Fachleute seit Jahren, wie Lärm durch Personen- und Güterzüge entsteht – und welche technischen und baulichen Massnahmen dagegen besonders wirksam sind. Ihre theoretischen und praktischen Erkenntnisse…

Rätsel um schwankenden Warmwasser-Einstrom in die Arktis gelöst
Neue Studie hilft dabei, Prognosen zum Schicksal des arktischen Meereises zu verbessern. Das Wechselspiel in der Wetterküche zwischen Azorenhoch und Islandtief bestimmt maßgeblich, wie viel warmes Wasser der Atlantik entlang…