Der eigene Klingelton wird immer gehört
Unter Leitung von Prof. Dr. Erich Schröger vom Institut für Psychologie I der Universität Leipzig und Prof. Thomas Gruber von der Universität Osnabrück untersuchte Anja Roye im Rahmen ihrer Doktorarbeit die Reaktion von 12 Probanden auf den Klingelton des eigenen Handys. Ausgangspunkt der Untersuchungen war die Beobachtung, dass persönlich sehr bedeutende Reize wie die Nennung des eigenen Namens scheinbar bevorzugt verarbeitet werden, auch wenn dies inmitten vieler Nebengeräusche oder während intensiver Gespräche erfolgt. Diese Beobachtungen sollten wissenschaftlich verifiziert werden.
Dazu wurde von den 12 Versuchspersonen ein Elektroencephalogramm abgeleitet, während sie über Kopfhörer ihre eigenen SMS-Signale hörten. „Diese sind relativ kurz und gleich nach Reizbeginn gut unterscheidbar“, erklärte Anja Roye. Das sei für die Auswertung und Interpretation der elektroenzephalografischen Messungen wichtig.
Die so aufgezeichnete Hirnantwort wurde dann mit der Reaktion auf fremde Handytöne verglichen. Es zeigte sich, dass die Testpersonen auf das eigene Klingeln bereits nach 40 Millisekunden reagierten, bedeutend früher als auf das Klingeln fremder Handys. Diese Ergebnisse wurden auch nicht davon beeinträchtigt, wenn der Klingelton z. B. während eines Filmes gesendet und ignoriert wurde.
„Unserer Ansicht nach zeigen die Ergebnisse wie sehr das menschliche Gehirn in der Lage ist, Verknüpfungen und die Kommunikation zwischen Neuronen erfahrungsabhängig zu verändern.“, sagt Frau Roye. Die Wissenschaftler nehmen nun an, dass wahrgenommene Reize sehr schnell mit einer Art Schablone abgeglichen werden können, eventuell bevorzugt in den Fokus der Aufmerksamkeit gelangen und eine schnelle Reaktion veranlassen können. „In zukünftigen Studien soll diesem Zusammenhang weiter nachgegangen werden“, sagt Prof.
Schröger.
Die Arbeit ist erschienen in: Roye, A., Schröger, E., Jacobsen, T., & Gruber, T. (2010). Is My Mobile Ringing?
Evidence for Rapid Processing of a Personally Significant Sound in Humans. Journal of Neuroscience, 30(21), 7310-7313.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Erich Schröger
Telefon: +49 341 97-35960
E-Mail: schroger@uni-leipzig.de
Anja Roye
Telefon: (0) 341-973 59 78
E-Mail: anja.roye@uni-leipzig.de
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