Spintronik: Physiker entwickeln Terahertz-Quellen im Miniaturformat

Illustration der neuen Terahertz-Quellen
Reprinted with permission from ACS Appl. Nano Mater. 2021, 4, 7, 7454–7460. Copyright 2021 American Chemical Society.

Einen neuen, einfachen Ansatz zum Erzeugen von Terahertz-Strahlen haben Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der Freien Universität Berlin entwickelt. Mit Hilfe starker optischer Laserpulse lassen sich elektromagnetische Terahertz-Felder direkt an der gewünschten Stelle generieren, wie das Team im Fachjournal „ACS Applied Nano Materials“ berichtet. Die Einsatzmöglichkeiten von Terahertz-Strahlung sind vielfältig, sie reichen von der Werkstoffprüfung über die Kommunikations- bis hin zur Sicherheitstechnologie.

Terahertz-Strahlen liegen im elektromagnetischen Spektrum zwischen Mikrowellen und dem unsichtbaren Infrarotbereich. Sie werden zum Beispiel in der Materialforschung eingesetzt, um undurchsichtige Materialien zu untersuchen.

„Terahertz-Strahlung wirkt nicht ionisierend, sie kann keine Elektronen aus Atomen entfernen und ist damit im Gegensatz zur Röntgenstrahlung gesundheitlich unbedenklich. Sie wird zum Beispiel in den Personenscannern auf Flughäfen verwendet“, erklärt der Physiker Prof. Dr. Georg Woltersdorf von der MLU. Bislang lässt sich die Strahlung nur mit relativ komplexen Anlagen erzeugen, weshalb sie in der Forschung noch nicht sehr häufig zum Einsatz kommt. Gemeinsam mit Forschern der Freien Universität Berlin arbeitete das Team von Woltersdorf an einem neuen Ansatz. „Unsere Idee ist es, diesen Prozess im Miniaturformat umzusetzen und die Strahlung genau an der Stelle zu erzeugen, an der sie gebraucht wird – zum Beispiel direkt auf einem elektronischen Chip“, sagt Woltersdorf.

Für ihre Experimente nutzten die Physiker einen Hochleistungslaser, der Lichtpulse mit einer Pulsdauer von etwa 250 Femtosekunden erzeugt. Eine Femtosekunde entspricht dem billiardsten Teil einer Sekunde. Diese extrem kurzen optischen Pulse wurden dann auf eine magnetische Nanostruktur gelenkt, um die darin befindlichen Elektronen anzuregen. „Dadurch lässt sich ein intensiver Spin-Strompuls erzeugen“, erklärt Woltersdorf.

Der Spin ist einfach gesagt das Eigendrehmoment der Elektronen und bildet die Grundlage des Magnetismus. Werden die Elektronen angeregt, fließt ein so genannter Spin-Strom durch die Grenzflächen der Nanostruktur. Dieser wird durch den sogenannten inversen Spin-Hall-Effekt zu einem Terahertz-Strompuls umgewandelt. So entsteht die gewünschte Terahertz-Strahlung auf dem Chip und kann direkt in Leiterbahnen eingekoppelt und verwendet werden.

„Außerdem lässt sich die Polarität des Stroms durch ein äußeres Magnetfeld einstellen. Das war bislang nicht möglich“, so Woltersdorf abschließend.

Die Anwendungsmöglichkeiten dieser Miniatur-Terahertz-Quelle reichen von der Forschung über die Hochfrequenzelektronik und die Medizin bis hin zur Materialprüfung oder der Kommunikationstechnologie.

Die Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des SFB-TRR 227 „Ultraschnelle Spindynamik“ und des SPP 1538 „Spin Caloric Transport (SpinCaT)“ gefördert.

Originalpublikation:

Hoppe W. et al. On-Chip Generation of Ultrafast Current Pulses by Nanolayered Spintronic Terahertz Emitters. ACS Applied Nano Materials (2021). doi: 10.1021/acsanm.1c01449
https://doi.org/10.1021/acsanm.1c01449

http://www.uni-halle.de

Media Contact

Tom Leonhardt Pressestelle
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer