Exoplanet in sonnennächstem Sternsystem Alpha Centauri nachgewiesen

Künstlerische Darstellung des Planeten um Alpha Centauri B<br><br>Grafik: SO/L. Calçada<br>

Es handelt sich um den leichtesten jemals um einen sonnenähnlichen Stern nachgewiesenen Exoplaneten. Der Planet wurde mit dem HARPS-Spektrografen am 3,6-Meter-Teleskop am La Silla-Observatorium der ESO in Chile gefunden. Der Fachartikel, der die Entdeckung dokumentiert, erscheint online am 17. Oktober 2012 in der Fachzeitschrift Nature.

Alpha Centauri ist einer der hellsten Sterne am Südhimmel und mit einer Entfernung von nur 4,3 Lichtjahren das unserem Sonnensystem nächstgelegene Sternsystem. Es handelt sich um ein Dreifachsystem, bestehend aus zwei sonnenähnlichen Sternen, Alpha Centauri A und B, die sich in nur geringem Abstand umkreisen, sowie dem weiter außen liegenden, lichtschwachen roten Begleiter Proxima Centauri [1]. Seit dem 19. Jahrhundert haben Astronomen spekuliert, ob um diese Sterne Planeten existieren. Diese Planeten wären außerhalb unseres Sonnensystems die nächstgelegenen Orte im Universum, an denen Leben möglich wäre. Obwohl das Sternsystem über die Jahre hinweg immer genauer untersucht worden ist, war die Suche vergeblich. Bis jetzt.

„Mit dem HARPS-Spektrografen haben wir das System über einen Zeitraum von vier Jahren beobachtet. Am Ende hatten wir ein winziges, aber dennoch reales Signal eines Planeten gefunden, der Alpha Centauri B alle 3,2 Tage umrundet”, erläutert Xavier Dumusque vom Observatoire de Genève in der Schweiz und dem Centro de Astrofisica da Universidade do Porto in Portugal, der Erstautor des Fachartikels, in dem die Entdeckung beschrieben wird. „Das ist ein ganz besonderer Fund. Dafür mussten wir unsere Technik zum Nachweis von Exoplaneten bis an die Grenzen des Machbaren ausreizen!”

Die europäischen Wissenschaftler konnten den Planeten nachweisen, indem sie winzige Schwankungen in der Bewegung von Alpha Centauri B vermaßen, die durch die Schwerkraft des ihn umlaufenden Planeten verursacht werden [2]. Der Effekt ist extrem klein – er sorgt dafür, dass der Stern sich mit nicht mehr als 51 Zentimeter pro Sekunde (das entspricht 1,8 km/h) hin und her bewegt, also in etwa mit der Geschwindigkeit eines krabbelnden Babys. Dieser Nachweis stellt die höchste jemals mit dieser Methode erreichte Genauigkeit dar.

Alpha Centauri B ist der Sonne sehr ähnlich, allerdings etwas kleiner und lichtschwächer. Die Masse des neuentdeckten Planeten ist etwas größer als die der Erde [3]. Mit einer Entfernung von etwa 6 Millionen Kilometern befindet sich der Planet ungleich näher an seinem Mutterstern als der sonnennächste Planet Merkur in unserem eigenen Sonnensystem. Die zweite Komponente des Doppelsternsystems, Alpha Centauri A, liegt mehr als das Einhundertfache weiter entfernt, würde einem Beobachter auf dem Planeten aber dennoch als sehr helles Objekt am Himmel erscheinen.

Im Jahr 1995 hatte dasselbe Astronomenteam bereits den ersten Exoplaneten um einen sonnenähnlichen Stern überhaupt entdeckt. Seitdem konnte die Existenz von mehr als 800 weiteren Planeten um andere Sterne nachgewiesen werden. Die meisten von ihnen sind allerdings deutlich größer als die Erde. Viele davon haben eine ähnlich große Masse wie der Gasriese Jupiter [4]. Als nächstes stehen die Astronomen nun vor der Herausforderung, einen Planeten mit einer der Erde vergleichbaren Masse zu entdecken und detailliert zu untersuchen, dessen Umlaufbahn in der habitablen Zone [5] seines Muttersterns liegt. Der erste Schritt in diese Richtung ist mit der neuen Entdeckung getan [6].

„Dieser Planet ist der erste mit einer Masse ähnlich der der Erde, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Seine Umlaufbahn liegt allerdings sehr nah am Stern, so dass es auf diesem Planeten zu heiß für Leben wäre wie wir es kennen”, ergänzt Stéphane Udry (Observatoire de Geneve), Mitglied des Wissenschaftlerteams und einer der Ko-Autoren des Fachartikels. „Er könnte aber auch nur der erste von mehreren in einem ganzen Planetensystem sein, die es noch zu entdecken gilt. Weitere unserer Messungen mit HARPS sprechen ebenso wie die Funde der Kepler-Mission dafür, dass der Großteil der Planeten mit kleinen Massen sich in solchen Systemen befindet.”

„Diese Entdeckung ist ein wichtiger Schritt hin zum Nachweis einer zweiten Erde in der unmittelbaren Umgebung der Sonne. Wir leben in spannenden Zeiten!” schließt Xavier Dumusque.

Die ESO veranstaltet eine Online-Pressekonferenz, um Journalisten die Möglichkeit zu geben, die Ergebnisse mit den beteiligten Wissenschaftlern zu diskutieren und hinsichtlich ihrer Bedeutung einzuordnen. Informationen zur Teilnahme an dieser Pressekonferenz finden Sie hier.

Endnoten

[1] Die Komponenten eines Mehrfachsternsystems werden benannt, indem an den Sternnamen Großbuchstaben angehängt werden. Alpha Centauri A ist der hellste Stern des Systems, Alpha Centauri B ist zweithellste Stern und wenig schwächer als A. Alpha Centauri C ist deutlich lichtschwächer und wird auch Proxima Centauri genannt. Proxima Centauri steht etwas näher als an der Erde als A und B und ist damit (abgesehen von der Sonne) offiziell der der Erde am nächsten gelegene Stern.

[2] HARPS bestimmt die Radialgeschwindigkeit eines Sterns – denjenigen Anteil der Geschwindigkeit, die den Stern direkt von der Erde weg oder direkt auf sie zu führt – mit extrem großer Genauigkeit. Ein Planet, der einen Stern umläuft, bewirkt, dass sich der Stern regelmäßig ein wenig in Richtung eines fernen Beobachters auf der Erde bewegt und anschließend wieder ein wenig von diesem Beobachter weg. Aufgrund des Dopplereffekts bewirkt diese Änderung der Radialgeschwindigkeit eine Verschiebung des Spektrums des Sterns hin zu längeren Wellenlängen, wenn sich der Stern von uns weg bewegt (sogenannte Rotverschiebung) und eine Blauverschiebung (in Richtung kürzerer Wellenlängen) wenn der Stern sich uns nähert. Diese winzigen Verschiebungen im Spektrum lassen sich mit einem Präzisionsspektrografen wie HARPS nachweisen. Aus solchen Messungen lässt sich das Vorhandensein eines Planeten erschließen.

[3] Mit Hilfe der Radialgeschwindigkeit lässt sich nur eine Untergrenze für die Masse des Planeten bestimmen, da der genaue Massenwert nicht nur von den gemessenen Größen, sondern zusätzlich noch von der Neigung der Bahnebene des Planeten gegen die Sichtlinie Planet-Beobachter abhängt, die sich aus den Beobachtungen nicht erschließen lässt. Statistisch gesehen liegt die so bestimmte Massenuntergrenze oft sehr nahe an der tatsächlichen Masse des Planeten.

[4] Die Kepler-Mission der NASA hat mit einer anderen Nachweismethode 2300 Kandidaten für Planeten um andere Sterne gefunden. Bei dieser Methode sucht man danach, dass die Helligkeit eines Sterns sich zwischenzeitlich leicht vermindert, weil sich aus Sicht eines Beboachters auf der Erde ein Planet vor den Stern geschoben hat. Die meisten der Planetenkandidaten, die mit dieser sogenannten Transitmethode entdeckt wurden, sind sehr weit von uns entfernt. Die mit HARPS nachgewiesenen Planeten bewegen sich im Vergleich dazu um sonnennahe Planeten – und der jetzt entdeckte ist der sonnennächste der bislang entdeckten Planeten überhaupt. Solche nahen Planeten sind deutlich besser geeignet als ihre ferneren Verwandten, um mit Nachfolgebeobachtungen weitere Details etwa über den Aufbau der Planetenatmosphäre herauszufinden.

[5] Die habitable Zone ist ein Abstandbereich rings um einen Stern, in dem unter den richtigen Bedingungen flüssiges Wasser existieren kann.

[6] ESPRESSO, der Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanet and Stable Spectroscopic Observations (wörtlich der Echelle-Spektrograf für die Beobachtung erdähnlicher Exoplaneten und stabiler Spektren) wird in naher Zukunft am Very Large Telesope der ESO installiert werden. Derzeit wird das endgültige Design des Instruments festgelegt; der Betriebsbeginn ist für Ende 2016 oder Anfang 2017 vorgesehen. Mit ESPRESSO wird es möglich sein, Radialgeschwindigkeiten mit einer Genauigkeit von 0,35 Kilometer pro Stunde oder besser zu bestimmen. Zum Vergleich: Die Erde ist bei ihrem Umlauf für eine Bewegung der Sonne der gleichen Größenordnung verantwortlich, nämlich 0,32 Kilometer pro Stunde. Mit einem solchen Auflösungsvermögen müsste ESPRESSO in der Lage sein, Planeten mit der gleichen Masse wie die Erde in der habitablen Zone eines Sterns zu entdecken. Das ESPRESSO-Konsortium wird von den gleichen Astronomen geleitet, auf deren Konto auch die hier berichtete Entdeckung geht.

Zusatzinformationen

Die hier vorgestellten Forschungsergebnisse von Dumusque et al. erscheinen online am 17. Oktober unter dem Titel “An Earth mass planet orbiting Alpha Centauri B” in der Fachzeitschrift Nature.

Die beteiligten Wissenschaftler sind Xavier Dumusque (Observatoire de Genève, Schweiz, und Centro de Astrofisica da Universidade do Porto, Portugal), Francesco Pepe (Observatoire de Genève), Christophe Lovis (Observatoire de Genève), Damien Ségransan (Observatoire de Genève), Johannes Sahlmann (Observatoire de Genève), Willy Benz (Universität Bern, Schweiz), François Bouchy (Observatoire de Genève; Institut d’Astrophysique de Paris, Frankreich), Michel Mayor (Observatoire de Genève), Didier Queloz (Observatoire de Genève), Nuno Santos (Centro de Astrofisica da Universidade do Porto) und Stéphane Udry (Observatoire de Genève).

Im Jahr 2012 feiert die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) das 50-jährige Jubiläum ihrer Gründung. Die ESO ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Getragen wird die Organisation durch ihre 15 Mitgliedsländer: Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Die ESO ermöglicht astronomische Spitzenforschung, indem sie leistungsfähige bodengebundene Teleskope entwirft, konstruiert und betreibt. Auch bei der Förderung internationaler Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Astronomie spielt die Organisation eine maßgebliche Rolle. Die ESO betreibt drei weltweit einzigartige Beobachtungsstandorte in Nordchile: La Silla, Paranal und Chajnantor. Auf dem Paranal betreibt die ESO mit dem Very Large Telescope (VLT) das weltweit leistungsfähigste Observatorium für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren Lichts und zwei Teleskope für Himmelsdurchmusterungen: VISTA, das größte Durchmusterungsteleskop der Welt, arbeitet im Infraroten, während das VLT Survey Telescope (VST) für Himmelsdurchmusterungen ausschließlich im sichtbaren Licht konzipiert ist. Die ESO ist der europäische Partner für den Aufbau des Antennenfelds ALMA, das größte astronomische Projekt überhaupt. Derzeit entwickelt die ESO ein Großteleskop mit 39 Metern Durchmesser für Beobachtungen im Bereich des sichtbaren und Infrarotlichts, das einmal das größte optische Teleskop der Welt werden wird: das European Extremely Large Telescope (E-ELT).

Die Übersetzungen von englischsprachigen ESO-Pressemitteilungen sind ein Service des ESO Science Outreach Network (ESON), eines internationalen Netzwerks für astronomische Öffentlichkeitsarbeit, in dem Wissenschaftler und Wissenschaftskommunikatoren aus allen ESO-Mitgliedsstaaten (und einigen weiteren Ländern) vertreten sind. Deutscher Knoten des Netzwerks ist das Haus der Astronomie in Heidelberg.

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Tel: +41 22 379 22 64
E-Mail: xavier.dumusque@unige.ch

Stéphane Udry
Observatoire de l’Université de Genève
Switzerland
Tel: +41 22 379 24 67
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Observatoire de l’Université de Genève
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Tel: +41 223 792 396
Handy: +41 79 302 47 40
E-Mail: francesco.pepe@unige.ch

Damien Ségransan
Observatoire de l’Université de Genève
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Tel: +41 223 792 479
E-Mail: damien.segransan@unige.ch

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