Geheimnisvolle Teilchen aus dem All

Münstersche Kernphysiker wollen Oszillation von Neutrinos entschlüsseln

Sie gehören zu den geheimnisvollsten Teilchen des Universums: Neutrinos. Nicht zu fassen, fast ohne Masse, durchdringen sie jegliche greifbare Materie, ohne Spuren zu hinterlassen. Dabei gehören sie zu den fundamentalen Bausteinen der Natur und machen wahrscheinlich bis zu 50 Prozent der gesamten Masse des Universums aus. Um ihre Eigenschaften genauer kennen zu lernen, beteiligt sich Prof. Dr. Dieter Frekers vom Institut für Kernphysik der Universität Münster am Experiment „Opera“ des europäischen Kernforschungszentrums CERN.

Drei Gruppen von Neutrinos sind bekannt: elektronische, deren Quelle unter anderem die Sonne ist, myonische und Tau-Neutrinos. Ihr Zustand kann von der einen in die andere Gruppe wechseln. Dieser Oszillation genannte Vorgang belegt nicht nur, dass Neutrinos überhaupt eine Masse haben – was lange bezweifelt wurde -, sondern auch, dass die drei Gruppen jeweils unterschiedlich schwer sind. „Opera“, das derzeit im italienischen Gran Sasso aufgebaut wird, soll diese Oszillation erstmals faktisch bestätigt werden.

Dazu wird ein Strahl von künstlich erzeugten Myon-Neutrinos von dem bei Genf liegenden CERN auf die Reise geschickt. Je länger die Strecke, die ein Neutrino durchfliegt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass es die Gruppe wechselt. Da Neutrinos fast jede Materie durchdringen, werden unterirdisch in zwei so genannten Super-Modulen einige Millionen Bleiplatten abwechselnd mit Fotoplatten in Gran Sasso angeordnet, mit denen die zu erwartenden Tau-Neutrinos eine Reaktion eingehen und so nachgewiesen werden können.

Die münsterschen Wissenschaftler um Frekers haben in dem aus gut 30 Arbeitsgruppen bestehenden, internationalen Team drei Aufgaben: Die Auswahl der Bleiart ist von entscheidender Bedeutung, da das Material selbst nicht radioaktiv strahlen darf, da sonst die Ergebnisse verfälscht würden. Außerdem arbeiten sie an einem Gasdetektor mit, der in Hamburg entwickelt wird, um die Energie der ursprünglichen Myonen genau feststellen zu können. Bereits abgeschlossen ist die Arbeit an einem speziellen Mikroskop, mit dem die Fotoplatten ausgelesen werden können.

Gelingt das Experiment, das im kommenden Jahr starten und insgesamt fünf Jahre laufen soll, können die Wissenschaftler den Charakter der geheimnisvollen Teilchen ein wenig besser verstehen – und damit beispielsweise auch den Ursprung und Aufbau des Universums, an deren Entstehung Neutrinos maßgeblich beteiligt waren.

Media Contact

Brigitte Nussbaum idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Atomkern mit Laserlicht angeregt

Dieser lange erhoffte Durchbruch ermöglicht neuartige Atomuhren und öffnet die Tür zur Beantwortung fundamentaler Fragen der Physik. Forschenden ist ein herausragender Quantensprung gelungen – sprichwörtlich und ganz real: Nach jahrzehntelanger…

Wie das Immunsystem von harmlosen Partikeln lernt

Unsere Lunge ist täglich den unterschiedlichsten Partikeln ausgesetzt – ungefährlichen genauso wie krankmachenden. Mit jedem Erreger passt das Immunsystem seine Antwort an. Selbst harmlose Partikel tragen dazu bei, die Immunantwort…

Forschende nutzen ChatGPT für Choreographien mit Flugrobotern

Robotik und ChatGPT miteinander verbinden… Prof. Angela Schoellig von der Technischen Universität München (TUM) hat gezeigt, dass Large Language Models in der Robotik sicher eingesetzt werden können. ChatGPT entwickelt Choreographien…

Partner & Förderer