Ein Kurzpuls-Laser für die Westentasche
Möglichst kurze Pulse, handlich, preisgünstig und mit Strahlung verschiedener Wellenlänge erhältlich – ein Laser mit solchen Eigenschaften steht ganz oben auf dem „Wunschzettel“ von Industrie und Forschung. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig und reichen von der Untersuchung der Abläufe bei biochemischen Reaktionen über die Materialbearbeitung bis zur Medizin.
Einen Lasertyp, der bald all diese Kriterien erfüllen könnte, gibt es bereits – den optisch gepumpten Halbleiter-Scheibenlaser. Weltweit arbeiten Physiker daran, diesen Lasertyp zu optimieren, darunter auch Dr. Peter Klopp, Dr. Uwe Griebner und ihre Kollegen vom Max-Born-Institut (MBI) und Ferdinand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). Ihr Hauptaugenmerk richtet sich darauf, die Dauer der Laserpulse zu verkürzen. Je kürzer sie sind, desto konzentrierter ist ihre Energie. Damit lässt sich nicht nur Material besser bearbeiten. Für die Forschung bedeuten kürzere Pulse zeitlich genauer aufgelöste Messungen, vergleichbar mit einem Mikroskop, das ein detailreicheres Bild liefert.
Bei 480 Femtosekunden lag bisher der Rekord für die Pulsdauer eines Halbleiter-Scheibenlasers. Eine Femtosekunde ist der billiardste Teil einer Sekunde. Selbst das Licht schafft es in dieser kurzen Zeitspanne nicht, den Durchmesser eines menschlichen Haares zu durchqueren. „Wir haben die Pulsdauer auf 290 Femtosekunden verkürzt“, berichtet Peter Klopp, „das ist gleichzeitig die kürzeste Pulsdauer aus Halbleiterlasern überhaupt.“ Wie dies gelang, das präsentieren er und seine Kollegen auf dem Kongress „Laser Optics Berlin 2008“.
Herzstück des Lasers ist ein nur Stecknadelkopf großes und nicht einmal haardickes Plättchen aus Halbleitermaterial. Darin befinden sich vier extrem dünne Schichten aus Indium-Gallium-Arsenid. In diesen so genannten Quantenwells werden durch Energiezufuhr die für den Laserbetrieb erforderlichen Photonen erzeugt und in Richtung der Oberfläche emittiert. Mit Hilfe eines sättigbaren Absorbers, ebenfalls ein Halbleiterbauelement, werden die Schwingungsmoden im Laserresonator gekoppelt und Laserpulse entstehen.
„Mit Halbleiterlasern wären theoretisch Pulse von weniger als 100 Femtosekunden möglich“, weiß Laserexperte Klopp. „Ein Hauptproblem, was dem entgegensteht, ist aber der Chirp.“ Die verschiedenen Frequenzen, aus denen sich der Laserpuls zusammensetzt, haben unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten. Dadurch läuft der Puls mit der Zeit auseinander, seine Dauer nimmt zu. Die zeitliche Struktur eines derart veränderten Signals bezeichnen Physiker als Chirp.
Durch eine geringere Dicke des Halbleiter- Plättchens und eine Beschichtung haben die Forscher den Chirp verringert, der aus internen Reflexionen resultiert. Chirp entsteht auch, weil sich bei Durchlauf des Laserpulses durch Halbleiter die Konzentration der freien Ladungsträger und damit der Brechungsindex zeitlich ändert. In der Licht erzeugenden Halbleiterstruktur sinkt die Ladungsträgerdichte, im sättigbaren Absorber nimmt sie zu. Daraus resultiert idealerweise ein spiegelbildlicher, kompensierend wirkender Chirp. „Durch eine in den Zwischenschichten zu den Quantenwells hin sinkende Aluminiumkonzentration erreichen wir, dass die freien Ladungsträger schneller als durch bloße Wärmediffusion in die Quantenwells wandern, was die Ladungsträgerdichte modifiziert“, erläutert der Wissenschaftler. Klopp und seine Kollegen waren weltweit die ersten, die eine solche Materialkomposition bei Halbleiter-Scheibenlasern ausprobiert haben.
Bestellt haben die Laser-Konstrukteure die „Spezialanfertigung“ gleich nebenan, bei ihren Kollegen vom Ferdinand-Braun-Institut, die auch die Halbleiterabsorber und die Pumplaserdioden liefern. „Diese Zusammenarbeit stellt die Basis unserer Arbeit dar“, betont Klopp. Der von den Wissenschaftlern konstruierte Laser erzeugt infrarote Lichtpulse. Durch den Einsatz anderer Halbleitermaterialien sind aber auch andere Wellenlängen bis hin zum ultravioletten Ende des Lichtspektrums realisierbar. Da Halbleiter heute in Massenproduktion gefertigt werden können, sind solche Laser preisgünstig herzustellen. Zudem ist schon der Versuchslaser so klein, dass er in einem Schuhkarton Platz fände. Für eine Serienproduktion könnte er noch kleiner werden, sozusagen ein „Laser für die Westentasche“.
Autorin: Bettina Micka
Kontakt:
Dr. Peter Klopp, Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, Tel.: 030 6392 1442, E-Mail: klopp@mbi-berlin.de
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Weitere Informationen:
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