Neue Emmy Noether-Nachwuchsgruppe an der RUB: Neuronale Grundlagen der Handlungskontrolle
Eis essen beim Fahrradfahren oder das Auto lenken und gleichzeitig den Radiosender wechseln: Menschen sind Experten darin, mehrere Handlungen auf einmal zu koordinieren. Wie das Gehirn dieses „Multitasking“ bewerkstelligt, untersuchen Forscherinnen und Forscher der Ruhr-Universität um Dr. Christian Beste in der Arbeitseinheit Biopsychologie.
Ab März 2012 richten sie die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe „Neuronale Mechanismen der Handlungskontrolle“ ein, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 1 Mio. Euro für zunächst vier Jahre fördert. Die Wissenschaftler erforschen, wie sich Krankheiten, z.B. Morbus Parkinson, auf die Kontrolle von Handlungen auswirken und welche genetischen Unterschiede es zwischen Personen mit verschiedenen „Multitasking“-Fähigkeiten gibt.
Rolle der Hirnstrukturen ermitteln
„In jedem Augenblick stehen uns Hunderte von alternativen Handlungen zur Verfügung“, erklärt Beste. „Wir können nahezu anstrengungslos zwischen ihnen auswählen – nur wie wir das schaffen, ist nicht klar.“ Die vorherrschende Meinung ist, dass hauptsächlich die Großhirnrinde für die Koordination verschiedener Handlungen verantwortlich ist. Aber auch die tief im Gehirn liegenden Basalganglien sind wichtig für die Auswahl von Reaktionen. „Unser Ziel ist es, die Relevanz der Basalganglien-Prozesse für das ‚Multitasking‘ zu bestimmen und mögliche Interaktionen mit anderen Gehirnstrukturen aufzuklären“, sagt Beste.
„Multitasking“ bei Parkinson-Patienten
Die Basalganglien sind die Hirnregion, die am stärksten von der Parkinsonschen Krankheit betroffen ist. Beste Team untersucht, wie sich Handlungskontrolle und „Multitasking“ im Verlauf der Krankheit verändern. Die Wissenschaftler analysieren auch die Effekte verschiedener Behandlungsmethoden, zum Beispiel tiefe Hirnstimulation oder Medikamentengabe.
Genetik, EEG, Kernspin und Computersimulationen
Menschen sind unterschiedlich gut im „Multitasking“. Mit Elektroenzephalographie (EEG) und Kernspintomographie wollen die Bochumer Forscher herausfinden, ob sich diese interindividuellen Unterschiede in der Hirnaktivität wiederfinden lassen. Auf genetischer Ebene führen sie eine ähnliche Analyse durch. In Kooperation mit Kollegen aus Sheffield, Paris und Chemnitz plant das Forscherteam im letzten Schritt, die Daten von gesunden und erkrankten Probanden mit Computersimulationen zu testen. Die Computermodelle enthalten Parameter wie die Menge bestimmter Rezeptoren und Botenstoffe oder die Anzahl von Nervenzellen eines speziellen Typs. Mit ihnen können die Forscher berechnen, welche Veränderungen auf Zellebene den gemessenen EEG- und Kernspin-Daten höchstwahrscheinlich zu Grunde liegen. „Daraus werden sich dann wieder neue Hypothesen für weitere Studien ergeben“, sagt Beste.
Weitere Informationen
Dr. Christian Beste, Biopsychologie, Institut für Kognitive Neurowissenschaft, Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel.: 0234/32-24630
christian.beste@rub.de
Angeklickt
Biopsychologie an der RUB
http://www.bio.psy.ruhr-uni-bochum.de/
Emmy Noether-Programm der DFG
http://www.dfg.de/foerderung/programme/einzelfoerderung/emmy_noether/
Redaktion
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