Getrennt marschieren, vereint schlagen

Querschnitt eines Lymphknotens unter dem Mikroskop. Mit der Mikro-Injektionstechnik zeigten die Forscher, dass normale dendritische Zelle (grün gefärbt) in das Innere des Lymphknotens, den Paracortex, einwandern, während dendritische Zellen, denen die Wissenschaftler einen bestimmten Rezeptor entfernt hatten (CCR7, rot gefärbt), draußen bleiben müssen. Foto: MHH<br>

Ständig patrouillieren die Wächter- und Abwehrzellen des Immunsystems durch fast alle Gewebe unseres Körpers. Für einen Standortwechsel werden die Immunzellen durch Lymphgefäße, die „Autobahnen“ des Immunsystems, aus den Geweben zurück in den Blutkreislauf transportiert.

Lymphknoten sind als zentrale Kontrollstationen in diese Lymphgefäß-„Autobahnen“ eingebaut, um den aus dem Gewebe kommenden Strom an Flüssigkeit und Zellen zu überwachen. Lange Zeit war dabei unklar, über welche Routen die verschiedenen Immunzellen in den Lymphknoten eintreten, und welche Signale dafür sorgen, dass sie „ihre Autobahn-Ausfahrt“ nicht verpassen. Forscher des Instituts für Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben diese Fragen jetzt mit Hilfe einer von ihnen entwickelten Mikro-Injektionstechnik geklärt. Ihre Arbeit wurde am jetzt im Wissenschaftsjournal „Nature Immunology“ als Titelgeschichte veröffentlicht.

Mit der Mikro-Injektionstechnik ist es möglich, markierte Immunzellen direkt in die winzigen Lymphgefäße narkotisierter Versuchsmäuse zu injizieren. Die sogenannte Zwei-Photonen-Laser-Scanning-Mikroskopie erlaubte es anschließend, die leuchtenden Zellen auf ihren Wegen in den nächsten Lymphknoten „live“ zu beobachten. „Es war sehr spannend zu sehen, wie sich verschiedene Immunzellen in ihrem Wanderungsverhalten vollkommen unterscheiden“, sagt Assolina Braun, Doktorandin am Institut für Immunologie und Erstautorin der Studie. Während nämlich die sogenannten dendritischen Zellen die Zellschicht zwischen Lymphgefäß und Lymphknoten aus eigener Kraft frontal „durchbohren“ konnten, gelangten T-Helferzellen fast ausschließlich über einen „Hintereingang“ ins Innere des Lymphknoten. Kamen beide Zelltypen jedoch gemeinsam am Lymphknoten an, funktionierten die dendritischen Zellen wie Türöffner und ermöglichten auch den T-Helferzellen den direkten Weg in den Lymphknoten. „Diese gegenseitige Hilfe könnte sehr wichtig sein, um im Fall einer Entzündung möglichst effektiv dendritische Zellen und T-Helferzellen im zuständigen Lymphknoten zu versammeln“, vermutet Professor Dr. Reinhold Förster, Direktor des MHH-Instituts für Immunologie.

Auch wenn Mechanismen der Immunabwehr und -überwachung bei dieser Arbeit im Vordergrund standen, so kommen die Erkenntnisse auch anderen Gebieten der medizinischen Forschung zugute. So ist naheliegend, dass die direkte Mikro-Injektion von Zellen in Lymphgefäße die Wirksamkeit von sogenannten zellulären Vakzinen verbessern könnte, die derzeit als neue Behandlungsmethode von Krebserkrankungen untersucht werden. Ebenso ist es nun möglich, das Metastasierungsverhalten von Tumoren in die Lymphknoten gezielter zu untersuchen.

Weitere Informationen erhalten Sie bei Professor Dr. Reinhold Förster, Telefon (0511) 532-9721, foerster.reinhold@mh-hannover.de

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Stefan Zorn Medizinische Hochschule Hannover

Weitere Informationen:

http://www.mh-hannover.de

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