Ausatmen für den Arzt

Wenn Sie demnächst jemand dazu auffordert, in ein Röhrchen zu pusten, trägt dieser Jemand möglicherweise keine Polizeiuniform, sondern einen weißen Kittel. Und statt nach Anzeichen übermäßigen Alkoholkonsums sucht Ihr Hausarzt in Ihrem Atem nach Hinweisen auf eine Erkrankung.

Die Atemanalyse als medizinische Diagnosehilfe gibt es bereits. Wissenschaftler des Institute for Analytical Sciences (ISAS) haben sie entwickelt und gemeinsam mit Medizinern einer westfälischen Lungenklinik auch erfolgreich getestet. Sie funktioniert ähnlich wie eine Nase, nur dass hier ein spezielles Spektrometer die Aufgabe des Riechorgans übernimmt. Es sucht in der Ausatemluft eines Patienten nach sogenannten Markern, das sind chemische Substanzen, die für bestimmte Krankheiten charakteristisch sind.

Die Suche nach neuen Markern steht im aktuellen Projekt jedoch nicht im Vordergrund. Mit den Fördergeldern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sollen Atemanalysegeräte entwickelt werden, die für den Einsatz in Arztpraxen oder Kliniken geeignet sind. Denn das, was im Moment im Labor des ISAS in Dortmund steht, erfüllt weder ärztliche Bedürfnisse noch gesetzliche Vorschriften für medizintechnische Produkte. „Wir Wissenschaftler wollen erst mal nur herausfinden, ob und unter welchen Bedingungen eine neue Methode funktioniert“, erklärt Jörg Ingo Baumbach, verantwortlicher Wissenschaftler am ISAS. „Das heißt, wir verändern die Parameter immer wieder neu und loten so die Möglichkeiten und Grenzen der Methode aus.“

Ein Hausarzt muss jedoch keine Temperaturen einstellen oder den Atem von Mäusen analysieren können – er will herausfinden, ob sein Patient vielleicht an Mukoviszidose oder an einer bakteriellen Lungenentzündung erkrankt ist. Der Mediziner auf der Intensivstation möchte darüber hinaus durch mehrmalige Messungen erfahren, ob sich der Zustand des Patienten verändert. Um die unterschiedlichen medizinischen Anforderungen zu erfüllen, wird das ISAS sowohl mit Industrieunternehmen als auch mit Kliniken und weiteren Leibniz-Instituten zusammen arbeiten. Das interdisziplinäre Gemeinschaftsprojekt gehört zur der Hightech-Strategie des Forschungsministeriums, mit die Umsetzung von wissenschaftlichen Ideen in Produkte gezielt gefördert werden soll.

Im Fall der Atemanalyse heißt das: Die jetzige Apparatur muss praktischer gestaltet und die Anzahl der Schalter und Regler auf ein bedienerfreundliches Maß reduziert werden. Aus den Diagrammen und Kurven, die momentan als Analyseresultat auf einem separaten Bildschirm erscheinen, muss ein Messergebnis werden, das auch Nicht-Forscher verstehen können. Dafür und auch zur Automatisierung von Abläufen braucht es die passende Software. Und nicht zuletzt muss das fertige Gerät nicht nur die medizintechnischen Sicherheitsbestimmungen erfüllen, sondern auch zu annehmbaren Kosten produzierbar sein. Sonst bleibt die Aufforderung zum Ins-Röhrchen-Pusten doch allein den Kolleginnen und Kollegen von der Polizei vorbehalten.

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Uta Deinet idw

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