Wissenschaftler sind sich einig: Ganzheitliche Versorgung für Transplantationspatienten

Bereits zum sechsten Mal diskutieren seit gestern am Essener Universitätsklinikum Wissenschaftler und Kliniker aus Psychosomatik und Transplantationsmedizin die Ergebnisse gemeinsamer Forschungs- und Versorgungsarbeit für Transplantationspatienten und ihre Angehörigen. Veranstalter des zweitätigen Erfahrungsaustausches sind die Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik (Professor Dr. Wolfgang Senf), die Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie (Professor Dr. Christoph E. Broelsch) sowie die Abteilungen für Nieren- und Hochdruckkrankheiten (Professor Dr. Thomas Philipp), für Gastroenterologie und Hepatologie (Professor Dr. Guido Gerken), für Allgemeine Pädiatrie (Professor Dr. Thomas Voit) und für Pädiatrische Nephrologie (Professor Dr. Peter Friedrich Hoyer).

Studien zeigen: Lebensqualität verbessert sich

Mehr als hundert Teilnehmer aus Deutschland, der Schweiz und Österreich beschäftigen sich in diesem Jahr vor allem mit der Frage nach der langfristigen Lebensqualität von Patienten nach einer Transplantation. Die Wissenschaftler halten eine ganzheitliche medizinische Nachsorge für unabdingbar, können aber auch auf verschiedene Studien verweisen, die belegen, dass die Lebensqualität von Transplantationspatienten nach der Übertragung des Spenderorgans sich sowohl hinsichtlich ihrer körperlichen Funktionen als auch ihrer psychischen Befindlichkeit verbessert hat. Im Vergleich zu alternativen Therapiemöglichkeiten – falls es diese überhaupt gibt – bietet die Transplantation einen größeren Erfolg für Patienten und Angehörige.

Zu den Diskussions-Schwerpunkten werden bei der Tagung auch die Ergebnisse bei der Lebend-Leberspende und Modelle einer psychotherapeutischen Arbeit mit Transplantationspatienten gehören.


Transplantation hat sich als Therapieform etabliert

Die Veranstalter der Tagung verweisen auf die erheblichen Fortschritte, die seit der ersten Nierentransplantation 1956 und der ersten Herztransplantation 1967 insbesondere bei der Unterdrückung der Organabstoßung und der Entwicklung elaborierter chirurgischer Eingriffe erzielt worden sind. Mit fast 4 000 transplantierten soliden Organen im Jahre 1999 – Erhebung der Deutschen Stiftung Organtransplantation – bietet die Transplantationsmedizin auch in Deutschland inzwischen eine etablierte Möglichkeit in der Behandlung des chronischen Nieren-, Herz-, Leber- und Lungenversagens im Endstadium.


Universitätsklinikum Essen gehört zu führenden Zentren

Das Universitätsklinikum Essen ist eines der führenden Transplantationszentren Deutschlands. Vor allem im Bereich der Lebertransplantation ist Professor Broelsch und seinen Mitarbeitern durch die Methode der Verwandten-Leberspende ein wichtiger Schritt bei der Versorgung der Patienten gelungen.


Kooperation mit Selbsthilfegruppen

In Essen wird eine ganzheitliche Behandlung der Transplantationspatienten angestrebt. Dabei spielt die psychosomatisch-psychotherapeutische Versorgung der Patienten eine wichtige Rolle. Verschiedene mit der Transplantation befasste Abteilungen arbeiten eng zusammen, um im Hinblick auf die Lebensqualität beste Er-gebnisse für die Patienten zu erzielen. In diese Kooperation werden auch die Selbsthilfegruppen einbezogen. Der Bund Deutscher Organtransplantierter (BDO) ist eine wichtige Anlaufstelle für die Patienten und ihre Angehörigen. Er bietet in Zu-sammenarbeit mit den Ärzten des Universitätsklinikums auch Informationsveranstaltungen an.

27 Monate auf eine Niere warten

Ein Blick auf die Wartelisten von Kranken, die ein Spenderorgan benötigen, macht die psychischen Belastungen sowohl der Patienten als auch ihrer Angehörigen deutlich. 1999 musste man in Deutschland auf eine Niere 27 Monate, auf ein Herz fünf Monate und auf eine Leberspende durchschnittlich zwei Monate warten. Für 842 Patienten war das zu lange; sie starben, bevor sie ein Spenderorgan erhalten konnten. Kranke, die durch die physische und psychische Beeinträchtigung als Folge der primären Organerkrankung ohnehin „angeschlagen“ sind, reagieren sowohl in der Wartezeit auf eine Transplantation als auch nach der Organübertragung mit vielfältigen psychischen Störungen. Depressive und ängstliche Anpassungsstörungen sollen deshalb in der prä-, peri- und postoperativen Phase beobachtet werden.

Psychosomatiker untersuchen alle Patienten

Am Essener Universitätsklinikum werden alle Patienten vor der Transplantation von Psychosomatikern untersucht. Ihre Aufgabe ist es, psychische Probleme der Patienten rechtzeitig zu diagnostizieren und entsprechende psychotherapeutische Hilfen anzubieten. Eine psychosomatische Untersuchung der Organempfänger noch vor ihrer „Listung“ bei Eurotransplant wird inzwischen aber auch in allen Transplantationszentren für wichtig gehalten. Die Notwendigkeit einer psychoso-matischen Betreuung von Transplantationspatienten hat darüber hinaus Eingang in das im November 1997 verabschiedete Transplantationsgesetz gefunden. Danach werden die Zentren verpflichtet, „vor und nach einer Organübertragung Maßnahmen für eine erforderliche psychische Betreuung des Patienten sicher zu stellen“.


Redaktion: Monika Rögge, Telefon (02 01) 1 83 – 20 85
Weitere Informationen: Frau Dr. Yesim Erim, Telefon (02 01) 72 27 – 5 49 oder 72 27 – 5 21

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Monika Roegge idw

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