Je mehr Kinder fernsehen, desto dicker werden sie

Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin gibt konkrete Tipps, wie Eltern den TV / Medienkonsum ihrer Kinder eindämmen können

Die Kinder- und Jugendärzte schlagen Alarm: Kinder im Alter zwischen vier und neun Jahren werden um so dicker oder gar fettleibiger (adipös), je mehr sie am Tag fernsehen oder vor dem Computer sitzen. Besonders gefährdet sind nach den Ergebnissen neuer repräsentativer Erhebungen von Einschulungsuntersuchungen aus Köln diejenigen Kinder, die täglich mehr als drei oder vier Stunden am Tag Fernsehen schauen und einen eigenen Fernseher in ihrem Zimmer haben.

Da dies für immer mehr Kinder in Deutschland zutrifft, sieht die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) dringenden Handlungsbedarf. Wegen der schweren unerwünschten Folgen von TV-/Medienkonsum für die körperliche und geistige Kindesentwicklung hält es DGSPJ-Präsident Professor Harald Bode für dringend erforderlich, bei der Erziehung von Kindern klare Regeln für den TV / Medienkonsum aufzustellen.

Denn die bisherigen erzieherischen Anstrengungen reichen offenbar nicht aus, den ständig ansteigenden Fernsehkonsum von Vorschulkindern oder Schulkindern einzudämmen. Diese Erkenntnis resultiert aus Daten von insgesamt 9.832 Kölner Kindern im Einschulungsalter aus dem Jahr 2003, die vom Kinder- und Jugendärztlichen Dienst der Stadt Köln in Zusammenarbeit mit dem Robert Koch Institut (RKI) Berlin ausgewertet worden ist.

Zentrales Ergebnis: Das Risiko von Kindern, die mehr als vier Stunden am Tag fernsehen, übergewichtig zu werden, ist fast dreimal so hoch wie das Risiko derjenigen Kinder, die weniger als zwei Stunden am Tag vor dem Fernseher sitzen. Kinder, die ein eigenes TV-Gerät im Zimmer haben, sind ganz besonders gefährdet, später einmal dick zu werden. Jedes fünfte Einschulungskind in Köln, das über einen eigenen Fernseher verfügt, ist übergewichtig. In Familien, in denen Kinder keinen eigenen Fernseher in ihrem Zimmer haben, gilt dies nur für jedes achte Kind. Junge Fernseh-Vielseher laufen schließlich nach Darstellung von Robert Schlack vom RKI Berlin und Dr. Robert E. Wegener vom Gesundheitsamt in Köln verstärkt Gefahr, motorisch und sprachlich auffällig zu werden. Kinder aus Migranten- und Unterschichtfamilien sind eine besondere Risikogruppe, da dort überdurchschnittlich viele Medien konsumiert werden und die Rate an übergewichtigen Kindern überdurchschnittlich hoch ist. All dies ist für die Entwicklung von Kindern besonders fatal, da die Folgen von überzogenem TV- und Medienkonsum im frühen Kindes- und Schulalter oft lebenslang anhalten und rückwirkend nur schwer zu korrigieren seien. Auch zahlreiche andere Untersuchungen zeigen: Zu viel Fernsehen schädigt umfassend und nachhaltig die kindliche Entwicklung. Störungen der Sprache und der Motorik, Aufmerksamkeits- und Lernstörungen häufen sich.

Den einzig gangbaren Weg, dieses Dilemma zu lösen, sieht die DGSPJ darin, präventive Ansätze insbesondere für Risikofamilien massiv auszubauen. Dazu gehört zum Beispiel, strikte Regeln aufzustellen, um den Fernseh- und Medienkonsum von Kindern regulieren und kontrollieren zu können. Konkret hält Bode zudem folgende Maßnahmen für erforderlich:

– Frühzeitig bei allen Gelegenheiten (Kindervorsorgen, Schuleingangsuntersuchungen, Erziehungsberatung) die Gefahren übermäßigen TV-Konsums thematisieren. Dabei muss allerdings der Umgang mit dem Medium Fernsehen von den Eltern häufig erst noch gelernt werden. Hilfreich dabei ist es, Vorab Sendungen mit dem Kind auszusuchen, gemeinsam Fernsehen zu schauen und Gesehenes auch zu besprechen. Bei Kindern unter drei Jahren sollte aufs Fernsehen gänzlich verzichtet werden, von drei bis sechs Jahren sollte die Fernsehzeit höchstens zweimal 30 Minuten am Tag betragen, im Grundschulalter 60 bis 90 Minuten.

– In den ersten zehn Lebensjahren grundsätzlich keinen eigenen Fernseher ins Kinderzimmer! Entsprechende Wünsche von Seiten der Kinder sollten zwar und diskutiert, aber nicht unbedingt erfüllt werden;

– Alle Weihnachtsgeschenke, die den Medienkonsum generell steigern, sollte von Seiten der Eltern gründlich überdacht werden. Dies gilt auch für Computer und Playstations.

– Weitere Programme im frühen Kindesalter auflegen, mit denen unter anderem die sprachlichen und motorischen Fähigkeiten insbesondere von Risikokindern im Vorschulalter verbessert werden.

Doch auch die Eltern selbst können ihren Beitrag leisten, damit Bildschirm-Medien ihre Kinder nicht dick, dumm und ungeschickt machen. Dazu, so Bode, müssten die Erwachsenen aber ihrer Rolle als Vorbilder besser gerecht werden und ihren eigenen Fernsehkonsum ebenfalls einschränken.

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Professor Dr. Harald Bode presseportal

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