Elastischer Bandscheiben-Dübel erfolgreich eingesetzt

Im aufgeklappten Dübel erkennt man die elastische Silikonscheibe. Foto: ukg

Zwei junge Patientinnen erhalten im Universitätsklinikum Göttingen erstmals dynamische Bandscheibendübel mit elastischem Silikonkern.

Zwei Patientinnen haben im Rahmen einer Studie im Universitätsklinikum Göttingen neuartige künstliche Bandscheiben erhalten. Mit den „dynamischen Bandscheibendübeln“ wurden bei den jungen Frauen frühe Bandscheibenschäden in der unteren Lendenwirbelsäule behandelt. Weitere Operationen im Rahmen der klinischen Studie sind geplant. Die Operationen führte Dr. Thorsten Ernstberger aus der Abteilung Orthopädie (Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Schultz) am Bereich Humanmedizin der Universität Göttingen durch. Dr. Ernstberger kooperiert in der Studie mit Prof. Dr. Wolf Arnold, Chefarzt am Zentrum für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Zentralklinikum Suhl. „Beide Patientinnen konnten schon ein beziehungsweise zwei Tage nach der Operation wieder umhergehen“, sagt Ernstberger. Wenige Tage zuvor hatten Dr. Ernstberger und Prof. Arnold den Bandscheibendübel zum ersten Mal einer Patientin in Suhl eingesetzt. Alle Patientinnen haben die Krankenhäuser bereits wieder verlassen. Die erste Nachuntersuchung im Göttinger Universitätsklinikum ist für Januar 2006 geplant.

Die 41-jährige Patientin Angelika Standke hatte drei Jahre lang unter Rückenschmerzen gelitten: „Am Ende lag ich wie eine Schildkröte auf dem Rücken. Am Tag nach der Operation habe ich mir gedacht: ’Ich spüre nur die Narbe. Warum merke ich hinten nichts?’“, so Standke. Auch die 21-jährige Nadine Lösch hatte über viele Jahre Bandscheibenprobleme. „Bei mir wurde schon mit etwa zehn Jahren ein Wirbelgleiten festgestellt. Im letzten Jahr hatte ich dann durchgehend Rückenschmerzen“, sagt sie. Zufällig hatte sie dann von dem neuen Bandscheibendübel gehört und Dr. Ernstberger angerufen. „Zurzeit habe ich nur Schmerzen, wenn ich lachen muss: wegen der Narbe.“

Mit seinem elastischen Kern aus Silikon erhält der neuartige Bandscheibendübel teilweise die Beweglichkeit und die Federfunktion der Wirbelsäule. Der raue Metall-Mantel verankert die künstliche Bandscheibe fest in den benachbarten Wirbelkörpern. Die Silikonscheibe im Bandscheibendübel soll die Federfunktion einer Zwischenwirbelscheibe teilweise ersetzen. „Üblicherweise werden Bandscheibenschäden in der unteren Lendenwirbelsäule behandelt, indem der geschädigte Bereich komplett versteift wird. Die benachbarten Wirbelkörper nutzen sich dann aber stärker ab, und die Schmerzen können erneut auftreten. Der neue, elastische Bandscheiben-Spacer könnte eine echte Alternative zu bisherigen Verfahren werden“, sagt Dr. Ernstberger. „Mir war wichtig, dass meine Wirbelsäule eine gewisse Mobilität behält. Eine Vollversteifung wollte ich nicht“, sagt die Patientin Nadine Ösch, die sich wenige Tage nach der Operation „fast wieder normal bewegen“ konnte.

Eine Vollmetall-Version des neuen Bandscheiben-Dübels wurde bereits 1997 von Prof. Arnold zusammen mit der Firma ESKA-Implants GmbH & Co, Lübeck, entwickelt. Später ergänzten die Partner den zunächst massiven Metallbolzen durch eine Scheibe aus elastischem Silikon. Die Tauglichkeit des Dübels wurde in biomechanischen Labortests bestätigt. Im Rahmen der klinischen Studie sollen über zwei Jahre etwa 30 Patienten behandelt werden, bevor eine abschließende Beurteilung des Verfahrens möglich ist.

Bandscheiben bestehen aus Bindegewebs-Scheiben mit weichem Kern. Zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule positioniert, puffern sie Stöße ab und ermöglichen die Beweglichkeit des Rückens. Ist der äußere Bindegewebsring einer Bandscheibe geschwächt, kann sich der weiche Kern verschieben und Nerven einklemmen. Starke Rückenschmerzen können die Folge sein. Bandscheibenvorfälle entstehen häufig bei Fehl- oder Überbelastung der Wirbelsäule. Durch den Bandscheibenvorfall nähern sich die Wirbelkörper einander an, und die Wirbelsäule verliert im betroffenen Bereich ihre Festigkeit.

Informationen für Patienten sind unter der Telefonnummer 0551/39-69 04 zu erhalten.

Weitere Informationen:

Bereich Humanmedizin – Universität Göttingen
Abteilung Orthopädie
Dr. Thorsten Ernstberger
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen
Tel.: 0551/39-26 56, -69 04
E-Mail: ternstberger@med.uni-goettingen.de

Bereich Humanmedizin – Georg-August-Universität Göttingen
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit – Stefan Weller
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Tel.: 0551/39 – 99 59 – Fax: 0551/39 – 99 57
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