Todesfalle und Milliardengrab Zigarettenqualm: Volkswirtschaftliche Kosten des Rauchens

Jährlich sterben in Deutschland knapp 120.000 Menschen an rauchbedingten Krankheiten – dies entspricht der Einwohnerzahl einer kleinen Großstadt. Sowohl der Arbeitsausfall wegen Krankheit und Tod, als auch die Kosten für die medizinische Versorgung führten im Jahr 2002 zu volkswirtschaftlichen Kosten von fast 20 Milliarden Euro. Diese Summe berechneten Wissenschaftler des GSF-Instituts für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen mit Hilfe einer Krankheitskostenstudie, die sie im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung als Teil einer vom DKFZ koordinierten Studie zu den volkswirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen des Zigarettenrauchens in Deutschland durchführten.

Fast ein Drittel der gesamten Kosten, insgesamt sieben Milliarden Euro, entfallen dabei auf die medizinische Versorgung, die restlichen 12,4 Milliarden Euro entstehen durch den Arbeitsausfall aus bezahlter Arbeit. Raucher sterben vorzeitig, dadurch gehen 1,6 Millionen Lebensjahre verloren, wovon die Hälfte auf die Jahre im erwerbsfähigen Alter entfällt – Rauchen betrifft damit in starkem Maße unsere Arbeitskraft.

Gut die Hälfte der Kosten für medizinische Versorgung ist für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufzuwenden, die andere Hälfte entfällt in ungefähr gleicher Größenordnung auf Atemwegs- und Krebserkrankungen. Bei den Kosten des Arbeitsausfalls spielen wegen der früheren Mortalität die Krebserkrankungen die wichtigste Rolle (44 Prozent). Ungefähr ein Drittel des Arbeitsausfalls entsteht durch frühzeitigen Tod, zwei Drittel gehen auf Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung durch Erkrankungen zurück. Werden schließlich noch die Kosten der unbezahlten Arbeit – wie etwa Hausarbeit oder Betreuung von Angehörigen – bewertet, kommen bis zu 19,5 Milliarden Euro hinzu. Die Kosten der unbezahlten Arbeit spielen in solchen Fällen eine besonders wichtige Rolle, in denen sie durch professionelle Hilfe ersetzt werden müssen.

Die Berechnung der Kosten beruht auf einer sehr detaillierten Methodik: Zunächst bezogen die Wissenschaftler die durch das Rauchen bedingten Todesfälle, die Atemwegs-, Krebs-, Herz-Kreislauf- und perinatalen Erkrankungen sowie Verbrennungen in ihre Kalkulationen ein. Grundlage hierfür ist ein international anerkannter Ansatz, der von den amerikanischen „Centers für Disease Control and Prevention (CDC)“ auf der Basis umfangreicher epidemiologischer Studien entwickelt wurde und der die erhöhten Risiken von Rauchern und ehemaligen Rauchern erfasst, an rauchbedingten Krankheiten zu leiden. Zur Bestimmung der medizinischen Kosten wurden dann die Behandlungskosten im ambulanten Sektor, im Krankenhaus und in Rehabilitationseinrichtungen ermittelt. Beim Arbeitsausfall wurden Kosten für bezahlte und für unbezahlte Arbeit berücksichtigt.

Die vorgestellten Daten liefern eine detaillierte und zudem vorsichtige Schätzung der Kosten des Rauchens in Deutschland. Wegen unzureichender Datengrundlagen konnten nicht-tödlich verlaufende oder durch Passivrauchen verursachte Krankheiten und durch „Raucherpausen“ bedingte Arbeitsausfälle nicht berücksichtigt werden; auch beinhalten die Berechnungen keine Kosten für Prävention, Forschung und Ausbildung.

Die hohen Kosten des Rauchens zeigen, dass wirksame Prävention mit guter Wirtschaftlichkeit erreichbar sein dürfte und die Folgen des Rauchens in erheblichem Umfang beeinflussen könnte. Mit Blick auf die Krankenversicherung wird häufig gefragt, welche Auswirkung eine Abschaffung des Rauchens auf die Gesundheitsausgaben hätte. Hier liegen zum einen die Ausgaben für Raucher höher als für gleichaltrige Nichtraucher; zum anderen verringert die kürzere Lebenserwartung der Raucher ihre gesamten Gesundheitsausgaben. Der Saldo in der Krankenversicherung ist nach unseren Erkenntnissen nicht eindeutig. Ferner fallen für Raucher vermehrt Erwerbsunfähigkeitsrenten an, während die Altersrenten wegen der kürzeren Lebenszeit erheblich geringer sind. Aus den Berechnungen lässt sich nicht folgern, dass Prävention des Rauchens zu einer Senkung der Ausgaben der Sozialversicherung führt, wohl aber, dass in erheblichem Umfang Lebensjahre gewonnen und Schadenskosten gesenkt werden können.

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Michael van den Heuvel idw

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